Leitsatz

Da der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG keine Vermögensmassen erfasst, fehlt für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1, 2 und 7, § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, § 179 Abs. 1 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts, wurde im Jahr 2010 durch den Stifter X gegründet und mit einem Anfangsvermögen von … EUR ausgestattet. Stiftungszweck ist die Förderung der eigenen Familie des X (Familienstiftung).

Zum Stiftungsvermögen regelt § 3 der Stiftungssatzung unter anderem:

Das Vermögen der Stiftung besteht aus dem Anfangsvermögen i.H.v. … EUR sowie sonstigen Zuwendungen zum Stiftungsvermögen.

Das Dotationskapital ist in der Bilanz der Stiftung gesondert als solches auszuweisen. Es ist zu erhalten.

Die Stiftung hat ihren Gewinn, der nach Abzug der Zuwendungen gemäß § 2 der Stiftungssatzung verbleibt, in die offenen Rücklagen einzustellen, um ihren satzungsmäßigen Zweck nachhaltig erfüllen zu können. Über die spätere Verwendung der offenen Rücklagen wird durch die Gremien nach Maßgabe dieser Satzung entschieden.

Nach den Angaben in den "Jahresrechnungen" kam es in den Jahren 2010 bis 2013 zu Vermögenszuwächsen. Im Jahr 2012 zahlte X weitere … EUR in die "Kapitalrücklage" ein. Auszahlungen an die Destinatäre erfolgten nicht. Mit der KSt-Erklärung für das Jahr 2013 (Streitjahr) reichte die Klägerin eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) zum 31.12.2013 ein. Darin gab sie den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs und dessen Endbestand zum 31.12.2013 mit jeweils … EUR an.

Das FA lehnte die Feststellung eines Bestands des steuerlichen Einlagekontos ab. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt und verpflichtete das FA, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2013 mit 0 EUR gesondert festzustellen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.7.2019, 1 K 1505/15, Haufe-Index 13391960, EFG 2019, 1604).

 

Entscheidung

Der BFH hat auf Revision des FA das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Klage vollständig abgewiesen.

 

Hinweis

1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH eine für Stiftungen nicht unwichtige steuerliche Frage geklärt, allerdings nicht im Sinne der Stiftungen. Denn für diese ist eine gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nicht möglich.

2. Die Führung eines steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 KStG ist für KSt-Subjekte wichtig, weil über dieses Konto die Rückgewähr von Einlagen "abgewickelt" und hierdurch die Steuerfreiheit der Einlagenrückgewähr erreicht werden kann (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Auch bei Stiftungen besteht an sich ein grundsätzliches Bedürfnis für die Führung eines solchen Kontos, um für Leistungen an die Destinatäre die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG herbeiführen zu können. Aus diesem Grunde vertraten viele FG und auch die herrschende Meinung im Schrifttum die Auffassung, rechtsfähige private Stiftungen würden von § 27 Abs. 7 KStG erfasst, für diese sei folglich ein steuerliches Einlagekonto zu führen und dementsprechend seien Erklärungen zur gesonderten Feststellung i.S.d. § 27 Abs. 2 KStG abzugeben.

3. Dem ist der BFH aus einem rein formalen, dessen ungeachtet aber zwingenden Grund nicht gefolgt: Nach ständiger Rechtsprechung zu § 179 Abs. 1 AO muss eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ausdrücklich gesetzlich angeordnet sein. An einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die gesonderte Feststellung fehlt es aber. Denn die Führung eines steuerlichen Einlagekontos mit verfahrensrechtlicher Feststellung des Bestands ist in § 27 Abs. 1 KStGnur für Kapitalgesellschaften vorgesehen. § 27 Abs. 7 KStG erweitert den Adressatenkreis des § 27 KStG auf andere steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen. Dazu gehören Stiftungen aber nicht, Stiftungen sind nämlich Vermögensmassen. Weil § 179 Abs. 1 AO eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung verlangt, kam auch eine analoge Anwendung des § 27 KStG auf private Stiftungen nicht in Betracht.

4. Der BFH gibt in seinem Urteil aber noch einen wichtigen Hinweis: An der Unanwendbarkeit des § 27 KStG muss die Vornahme einer steuerfreien Einlagenrückgewähr nicht zwingend scheitern. So ist es auch für Gewinnausschüttungen von Drittstaatenkapitalgesellschaften an inländische Anteilseigner anerkannt, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG im Rahmen des Veranlagungsverfahrens der Anteilseigner zu klären sind, da das Gesetz in diesen Fällen kein gesondertes Feststellungsverfahren zur Verfügung stellt. Für Destinatäre inländischer rechtsfähiger privater Stiftungen des bürgerlichen Rechts ergib...

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