Leitsatz

Wo ein Richter den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung hat, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Einzelfalles festzustellen. Bei dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu.

 

Sachverhalt

Im Amtsgericht steht der Klägerin ein eigenes Dienstzimmer zur Verfügung, das sie im Streitjahr tatsächlich auch für ihre richterliche Tätigkeit nutzte. Zudem führte die Klägerin regelmäßig einmal in der Woche mündliche Verhandlungen im Sitzungssaal des Amtsgerichts durch. Das FA hat die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anerkannt, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung der Klägerin darstelle. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin im Klageverfahren vor, dass der Mittelpunkt ihrer beruflichen Betätigung sich im Streitjahr in ihrem häuslichen Arbeitszimmer befunden habe.

 

Entscheidung

Nach der Rechtsprechung des BFH bestimmt sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung eines Stpfl. Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Stpfl. festzustellen. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung der Klägerin eindeutig nicht in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. In ihrem häuslichen Arbeitszimmer hat sich die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag lediglich auf ihre Sitzungen im Amtsgericht vorbereitet und zudem Urteile und Beschlüsse diktiert. Diese Tätigkeit bildet jedoch nicht den qualitativen Schwerpunkt ihrer richterlichen Tätigkeit. Berufsprägend für die richterliche Tätigkeit der Klägerin ist vielmehr die Erledigung zivilrechtlicher Streitigkeiten, die von den Parteien regelmäßig vor dem erkennenden Gericht mündlich verhandelt werden. Allein daraus, dass nicht sämtliche Entscheidungen, die die Klägerin als Amtsrichterin trifft, aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehen, ergibt sich nichts anderes.

 

Hinweis

Das FG hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, welche beim BFH unter dem Az. VI R 13/11 geführt wird. In vergleichbaren Fällen sollte daher gegen die Versagung des Werbungskostenabzugs der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf das o.a. Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.02.2011, 14 K 329/09

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