vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 13/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Richterin am Amtsgericht

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff des häuslichen Arbeitszimmers.
  2. Zum Begriff des „Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung”.
  3. Wo ein Stpfl. seinen Schwerpunkt hat, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Stpfl. festzustellen. Bei dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu.
  4. Bei einem Richter/Richterin am AG liegt der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer.
  5. Prägend sind für einen Zivilrichter vielmehr die mündlichen Verhandlungen, die bei Gericht stattfinden.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1, § 9 Abs. 5

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.12.2011; Aktenzeichen VI R 13/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin erzielt als Richterin am Amtsgericht Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Beim Amtsgericht … betreut sie seit vielen Jahren ein zivilrechtliches Dezernat. Im Amtsgericht … steht ihr ein eigenes Dienstzimmer zur Verfügung, das sie im Streitjahr tatsächlich auch für ihre richterliche Tätigkeit nutzte. Zudem führte die Klägerin regelmäßig einmal in der Woche mündliche Verhandlungen im Sitzungssaal des Amtsgerichts … durch.

Die Klägerin wohnte im Streitjahr in der Nähe von … gemeinsam mit ihrem Sohn in ihrem Einfamilienhaus „…” in …. Das Wohnhaus hat eine Wohnfläche von ungefähr 150 qm. In diesem Wohnhaus hat die Klägerin sich in einem Anbau, der vom Wohnzimmer aus betreten werden kann, ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet, das ungefähr eine Größe von 19 qm hat.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit unter anderem als Werbungskosten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. insgesamt …. € steuermindernd geltend. Wegen der Einzelheiten dieser Aufwendungen wird auf Bl. 59 der Gerichtsakte verwiesen. Das beklagte Finanzamt (FA) setzte daraufhin gegenüber der Klägerin mit Einkommensteuerbescheid vom … die Einkommensteuer 2008 auf … € fest, ohne jedoch, wie erklärt, bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die Aufwendungen für das häusliches Arbeitszimmer steuermindernd zu berücksichtigen. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer könnten nicht mehr berücksichtigt werden, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung der Klägerin darstelle. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Der Mittelpunkt ihrer beruflichen Betätigung habe sich im Streitjahr in ihrem häuslichen Arbeitszimmer befunden. Als Zivilrichterin nehme sie eine besondere, von anderen Richtern abgehobene Position ein. Ihre mündlichen Verhandlungen im Sitzungssaal des Amtsgerichts … seien lediglich die nach außen sichtbare Tätigkeit ihrer richterlichen Arbeit. Die Durchführung mündlicher Verhandlungen sei jedoch für ihre zivilrichterliche Tätigkeit nicht berufsprägend. Berufsprägend sei vielmehr das Fällen von Entscheidungen. Sämtliche Urteile und mindestens 90 % der übrigen Entscheidungen habe sie im Streitjahr nicht im Sitzungssaal, sondern in ihrem häuslichen Arbeitszimmer erarbeitet. Überdies verkünde sie ihre Urteile meistens schriftlich durch Zustellung und nicht mündlich im Sitzungssaal. Ferner treffe sie 20 % bis 30 % ihrer Entscheidungen sogar ohne mündliche Verhandlung. Mit Einspruchsbescheid vom … wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19. Juli 2006, Bundesgesetzblatt I 2006, 1652 seien Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuermindernd zu berücksichtigen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilde. Für einen Richter sei die Tätigkeit im Gericht prägend, auch wenn er seine Urteile im häuslichen Arbeitszimmer abfasse.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin in der Sache ihr bisheriges Begehren weiterverfolgt. Sie halte sich an den Arbeitstagen regelmäßig nur vormittags in ihrem Dienstzimmer im Amtsgericht … auf, wobei sie einmal wöchentlich im Sitzungssaal des Amtsgerichts … mündliche Verhandlungen durchführe. Nachmittags arbeite sie regelmäßig von ungefähr 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. Lediglich an Sitzungstagen arbeite sie von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. Darüber hinaus arbeite sie auc...

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