Leitsatz

Ein Landwirt, der das Feldinventar aktiviert hat, ist daran grundsätzlich auch für die Zukunft gebunden und hat keinen Anspruch darauf, aus Billigkeitsgründen zu einem Verzicht auf die Bewertung wechseln zu können.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 13 EStG, § 148, § 163 AO, § 94 Abs. 1 BGB

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte seit Eröffnung seines Betriebs in seinen Bilanzen das Feldinventar – also die stehende Ernte – bilanziert. Nach vielen Jahren unveränderter Handhabung löste der Landwirt im Wirtschaftsjahr 2003/04 den zuletzt bilanzierten Posten von ca. 108 000 EUR gewinnmindernd auf. Er berief sich dazu auf R 131 Abs. 2 S. 3 EStG 2001 (heute R 14 Abs. 2 S. 3 EStR), wonach bei landwirtschaftlichen Betrieben mit jährlicher Fruchtfolge von der Aktivierung des Feldinventars abgesehen werden kann.

Das FA war der Auffassung, der Landwirt habe die Aktivierung beibehalten müssen. So sah es auch das FG (Thüringer FG, Urteil vom 29.03.2007, IV 203/06, Haufe-Index 1746392, EFG 2007, 996).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Landwirts zurück. Er habe von der Regelung in den EStR keinen Gebrauch machen dürfen, denn diese beziehe sich nur auf Betriebe, die von Anfang an das Feldinventar nicht bilanzierten.

 

Hinweis

1. Für einen bilanzierenden Landwirt gilt die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG nicht, weil der Landwirt grundsätzlich kein Kaufmann i.S.d. HGB ist (§ 3 Abs. 1 HGB) und deshalb keine Handelsbilanz aufstellt. Dennoch gelten nach der Rechtsprechung des BFH die materiellen Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung auch für die Aufstellung von Steuerbilanzen von Land- und Forstwirten (vgl. BFH, Urteil vom 27.11.1997, IV R 95/96, BFH/NV 1998, 1018). Dementsprechend müssen Land- und Forstwirte etwa den Vollständigkeits- und Stetigkeitsgrundsatz beachten.

2. Der Vollständigkeitsgrundsatz würde die Bilanzierung der stehenden Ernte zum landwirtschaftlichen Bilanzstichtag 30.06. erfordern, denn die stehende Ernte ist verkehrsfähig und deshalb neben dem Grund und Boden als eigenständiges Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens zu betrachten.

Zu bewerten wäre dieser Bilanzposten dann mit den Herstellungskosten. Weil nun allerdings die Ermittlung dieser Herstellungskosten schwierig ist und die Werte im Lauf der Jahre nur geringfügigen Schwankungen unterliegen dürften, hat die Finanzverwaltung schon immer zugelassen, dass auf die Aktivierung des Feldinventars verzichtet wird (heute R 14 Abs. 2 S. 3 EStR). Dies wird von der Rechtsprechung toleriert und als Billigkeitsmaßnahme i.S.d. § 163 AO verstanden.

3. Hat ein Landwirt zunächst von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, kann ihm nach dem BFH-Urteil vom 06.04.2000 (BFH, Urteil vom 06.04.2000, IV R 38/99, BFH/NV 2000, 1165) nicht versagt werden, zur Bilanzierung überzugehen. Der Stetigkeitsgrundsatz steht dem Wechsel nicht entgegen, weil mit der Bilanzierung das geschieht, was an sich zwingende Folge des Gesetzes ist. Nach dem Wechsel bleibe der Landwirt aber wegen des Stetigkeitsgrundsatzes an die Aktivierung gebunden.

Der Kläger des hier besprochenen Urteilsfalls hatte aus dem damaligen Urteil und dessen Übernahme in die EStR geschlossen, ihm gegenüber gelte der Stetigkeitsgrundsatz nicht, weil er ja noch niemals gewechselt habe. Diesem Argument folgt der BFH nicht. Wer von Anfang an das Feldinventar bilanziert, hat damit auf die Vereinfachungsregelung verzichtet. Damit hat ein Landwirt also nicht die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer "Steuerpause", die sich im Jahr eines Wechsels durch die doppelte Gewinnminderung aufgrund der Betriebsausgaben für die Bestellung der Flächen und zugleich den Wegfall des Bilanzpostens für Feldinventar ergeben würde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.03.2010 – IV R 23/07

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