Leitsatz

Die Auszahlung eines Versorgungsguthabens, das nach Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL aufgrund einer Direktzusage des Arbeitgebers zur Sicherung der zugesagten Gesamtversorgung gebildet worden ist, führt neben zuvor lohnversteuerten Umlagezahlungen an die VBL zu Arbeitslohn.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

K, Angestellter der A, war eine Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL) zugesichert. Nach einer Fusion ging das Arbeitsverhältnis von A auf B über. B führte die Beteiligung an der VBL nicht fort; dadurch waren die durch B übernommenen Arbeitnehmer fortan beitragsfrei bei der VBL versichert; im Versicherungsfall erhielten sie statt einer Versorgungsrente aber nur eine niedrigere Versicherungsrente.

Zum Ausgleich erteilte B den betroffenen Arbeitnehmern eine Direktzusage im Rahmen einer auf ein Kapitaldeckungsverfahren umgestellten betrieblichen Altersversorgung. Zudem glich B durch sog. Gegenwertzahlungen i.H.v. 68 Mio. DM die bei der VBL entstandene Finanzierungslücke aus. K trat in den Ruhestand und erhielt seitdem die Versicherungsrente von der VBL. Weiter bildete B ein Versorgungsguthaben (134 930 DM), um die dem K mit Ausscheiden der B aus der VBL entstandenen rentenrechtlichen Nachteile auszugleichen. Das Versorgungsguthaben zahlte B an K als Einmalkapital aus. Während das FA den Betrag als Arbeitslohn für mehrere Jahre nach § 34 EStG versteuerte, verneinte K die Einkommensteuerbarkeit.

Die Klage war erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.2007, 1 K 366/03, Haufe-Index 1705736, EFG 2007, 682).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage aus den in Praxishinweisen dargestellten Gründen ab.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil und die beiden Urteile VI R 5/08 (BFH/NV 2009, 1511, BFH/PR 2009, 371) und VI R 37/08 (BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372) führen die (Grund-)Entscheidung VI R 8/07 (BFH/NV 2009, 1504, BFH/PR 2009, 369) für die Fälle fort, dass der Arbeitgeber aus der Versorgungseinrichtung ausscheidet.

1. Im Streitfall bekam der Arbeitnehmer mangels ausreichender Umlagezahlung keine Versorgungsrente, sondern "weniger", nur eine Versicherungsrente. Das führt weder zu negativen Einnahmen/Werbungskosten noch kann eine "dafür" erhaltene Zahlung mit dem "weniger" saldiert werden. Ein ausgezahltes Versorgungsguthaben ist Arbeitslohn, kein Schadensersatz. Dass zuvor Umlagezahlungen des früheren Arbeitgebers des Klägers an die VBL als Arbeitslohn behandelt wurden, mindert den Vorteil nicht. Umlagezahlungen sind – so der BFH ausführlich in der (Grund-)Entscheidung VI R 8/07 (BFH/NV 2009, 1504, BFH/PR 2009, 369) – unabhängig von späteren Versorgungsleistungen Arbeitslohn, wenn sie bei planmäßigem Versicherungsverlauf zu einem Anspruch auf Versorgung führen. Ein außerplanmäßiger Wechsel des Durchführungswegs der Altersversorgung gestattet keine Verrechnung von bereits als Arbeitslohn behandelten Beiträgen. Denn bei einem Wechsel von der Zusatzversorgung über einen Dritten zur selbst finanzierten Altersversorgung (Direktzusage) führen die neben den ursprünglich gezahlten Beiträgen direkt an den Arbeitnehmer entrichteten Zahlungen zur Absicherung des vom Arbeitgeber zugesagten Versorgungsniveaus grundsätzlich zu einem zusätzlichen Vorteil.

2. Daneben war ein zweiter Aspekt zu beachten: Der Anspruch des Klägers gegen die VBL stand unter der Voraussetzung weiterer lohnsteuerpflichtiger Beitragsleistungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalls. Nachdem der neue Arbeitgeber die Beteiligung an der VBL aber nicht fortgesetzt hatte, war der Kläger zwar beitragsfrei bei der VBL weiter versichert. So Versicherte haben aber keinen Anspruch auf Versorgungsrente. Es bestand also noch kein gesicherter Anspruch des Klägers auf eine Versorgungsrente. Deshalb war das Versorgungsguthaben nicht lediglich finanzielle Kompensation für bereits erlangte, aber wieder verlorene Rechtspositionen. Wirtschaftlich trat das Guthaben an die Stelle der nicht weitergezahlten Beiträge. Damit war die Einmalzahlung mangels bereits vorhandener Vermögensposition keine Ersatzleistung.

3. Versorgungsleistungen liegen im Interesse des Arbeitnehmers. Anders als die Gegenwertzahlungen und andere Sonderzahlungen, die nicht individualisiert der finanziellen Absicherung einer Vielzahl von Versorgungen dienen und bei denen dem jedenfalls mittelbar vorhandenen Entlohnungscharakter nur untergeordnete Bedeutung zukommt, waren hier individualisierte Leistungen an einen konkreten Arbeitnehmer erbracht.

4. Auch die verfassungsrechtlich gebotene Abstimmung der Vorsorgeaufwendungen und deren Bezüge zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung (BVerfG, Urteil vom 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BFH/NV Beilage 2002, 60, unter D.II.) war jeweils innerhalb der beiden Versorgungswege gegeben. Versicherungsrente durch vorgelagerte Besteuerung der Umlagezahlungen, die Direktzusage durch nachgelagerte Besteuerung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 07.05.2009 – VI R 16/07

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge