Rz. 10

Die offene Handelsgesellschaft ist eine im Handelsgesetzbuch geregelte[1] Personengesellschaft. Jeder Gesellschafter haftet persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft und ist dafür grundsätzlich zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.

3.1 Aufstellungs- und Prüfungskompetenz

 

Rz. 11

Die Aufstellung des Jahresabschlusses, zu der, wie jeder Kaufmann, gemäß § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB auch die offene Handelsgesellschaft verpflichtet ist, stellt eine Geschäftsführungsaufgabe dar und liegt damit in der Verantwortung der Geschäftsführung. Die Aufstellung beinhaltet sämtliche Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen, die für einen feststellungsfähigen Bilanzentwurf notwendig sind. Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vorsieht, ist bei sämtlichen Entscheidungen Einigkeit zwischen allen Gesellschaftern zu erzielen. Entsprechend einer zur Kommanditgesellschaft ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs[1] ist bei Bilanzierungsentscheidungen, die auch Ergebnisverwendung darstellen, die Zustimmung auch der nicht mit der Geschäftsführung betrauten Gesellschafter erforderlich. Der Jahresabschluss ist innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen.[2]

 

Rz. 12

Eine förmliche Jahresabschlussprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer ist, von branchenspezifischen Vorschriften[3] oder bei Überschreiten von bestimmten Merkmalen der Unternehmensgröße[4] abgesehen, nicht erforderlich. Dies ist in dem regelmäßig überschaubaren Gesellschafterkreis und der fehlenden Haftungsreduktion der in der Rechtsform einer OHG betriebenen Unternehmen begründet.

[2] Vgl. zum Einzelkaufmann Rz. 7; Schmidt/Usinger, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 243 HGB Rz. 93; a. A.: Baetge/Frey/Frey/Klönne, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 243 HGB Rz. 93, Stand 7/2016, sie gehen von nur 6 bis 9 Monaten aus.
[3] Zum Beispiel für Kreditinstitute: § 340k Abs. 1 Satz 1 HGB.
[4] § 6 Abs. 1 PublG, dieser gilt gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m.  1 Abs. 1 PublG; beachte auch § 264a HGB für Personengesellschaften (OHG und KG) ohne natürliche Person als Vollhafter.

3.2 Feststellungskompetenz

 

Rz. 13

Zur Feststellung des Jahresabschlusses von offenen Handelsgesellschaften existiert keine explizite gesetzliche Regelung. Die Feststellung erklärt den Abschluss nach innen (für die Gesellschafter untereinander) wie auch nach außen (gegenüber sämtlichen Interessengruppen) für verbindlich. Der Jahresabschluss ist gemäß § 245 Satz 2 HGB durch sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter, auch wenn sie von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein sollten, unter Angabe des Datums zu unterzeichnen.

3.3 Ergebnisverwendungskompetenz

 

Rz. 14

Bei offenen Handelsgesellschaften gilt, sofern nichts Abweichendes im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, der Grundsatz der Vollausschüttung. Ein förmlicher Beschluss ist hierfür nach der Feststellung des Jahresabschlusses nicht erforderlich. Die Entnahme des Gewinnanteils muss bis zum nächsten Bilanzstichtag erfolgt sein, denn dann erlischt der Auszahlungsanspruch gegenüber der Gesellschaft.[1] Die Dotierung von Ergebnisrücklagen kann durch den Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, ist aber in praxi unüblich. Auch eine Bildung von Rücklagen zur Selbstfinanzierung der offenen Handelsgesellschaft durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter ist denkbar.

[1] BGH, Urteil v. 3.11.1975, II ZR 87/74, BB 1975 S. 1605.

3.4 Offenlegungsverpflichtung

 

Rz. 15

Offene Handelsgesellschaften sind als Personengesellschaften grundsätzlich nicht zur Veröffentlichung ihrer Jahresabschlüsse verpflichtet. Dies ist in der personalistischen Ausgestaltung dieser Rechtsform, der unbeschränkten Haftung und ihrer regelmäßig nur regionalen Bedeutung begründet. Durch eine Offenlegung des Jahresabschlusses würden auch zu viele personenbezogene Daten der Gesellschafter einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die einzelnen Gesellschafter sind durch die Verpflichtung, den Jahresabschluss gemäß § 245 Satz 2 HGB zu unterzeichnen, über dessen Inhalt informiert.

Offenlegungspflichten können sich allerdings aus branchenspezifischen Regelungen[1] oder durch die Erfassung durch das Publizitätsgesetz[2] ergeben.

Die OHG ist als Personengesellschaft grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren aufgestellten Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen. Eine solche Notwendigkeit kann allerdings in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden. Darüber hinaus ergibt sich eine Prüfungspflicht aus § 316 Abs. 1 HGB i. V. m. § 264a HGB für Personengesellschaften (OHG und KG) ohne natürliche Person als Vollhafter.

[1] Beispielsweise für Kreditinstitute: § 340l Abs. 1 Satz 1 HGB.

3.5 Exkurs: Verpflichtungen von Unternehmen, die vom Publizitätsgesetz erfasst werden

 

Rz. 16

Das Publizitätsgesetz[1] verpflichtet Unternehmen, die bestimmte Größenmerkmale[2] nachhaltig[3] überschreiten, unabhängig von ihrer Rechtsform, den Jahresabschluss innerhalb von 3 Monaten aufzustellen, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 PublG. Gemäß § 6 PublG muss dieser anschließend durch einen Abschlus...

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