Rz. 343

Soweit keine gesonderte Steuerbilanz aufgestellt wird, ist Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung die Handelsbilanz unter Beachtung der vorgeschriebenen steuerlichen Anpassungen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV).

 

Rz. 344

In der Praxis wird bei Einzelkaufleuten und kleinen Personenhandelsgesellschaften sowie kleinen GmbHs zum Teil aus Vereinfachungsgründen, zum Teil aus Gründen der Kostenersparnis das Bestreben bestehen, die Handelsbilanz von vornherein unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften aufzustellen; die Handelsbilanz ist also zugleich Steuerbilanz (sog. Einheitsbilanz).[1] Aus dem Beschluss des BayObLG vom 5.11.1987[2] muss der Schluss gezogen werden, dass mit Inkrafttreten des BiRiLiG für Einzelabschlüsse ab 1987 – zumindest für die GmbH – die Einheitsbilanz unzulässig ist,[3] da die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften oder die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zwingend sind und handels- und steuerrechtliche Regelungen nicht in allen Punkten übereinstimmen. Das HGB gestattet es nicht, die Handelsbilanz allgemein durch die Steuerbilanz zu ersetzen.

 

Rz. 345

Die wesentlichen Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz treten nach Abschaffung des Maßgeblichkeitsprinzips und der Umkehrmaßgeblichkeit bei Bewertungsfragen auf. Da bei vielen Unternehmen die Ausübung steuerlicher Wahlrechte i. S. einer Steuerbilanzpolitik im Vordergrund stehen, wird es zu einer Entkopplung von Handels- und Steuerbilanz kommen. Man denke an die steuerlichen Regeln der §§ 67g EStG, deren Dokumentation, vorgeschrieben durch § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG, steuerlich in einer "Nebenrechnung" durchzuführen und fortzuschreiben ist; ein Beispiel sind unterschiedliche Abschreibungsverläufe bei Inanspruchnahme degressiver AfA (steuerlich) und linearer AfA (handelsrechtlich) für einen Vermögensgegenstand und daraus resultierender "latenter Steuern". Diese Anforderungen lassen sich nur durch eine gesonderte Steuerbilanz erfüllen, die zudem auch unter dem Gesichtspunkt der "Taxonomie" sinnvoll ist.

 

Rz. 346

Die getrennte Erstellung von Handels- und Steuerbilanz ist notwendig. Zum einen führt die Globalisierung der Märkte und damit der Unternehmensaktivitäten zu einer handelsrechtlichen Bilanzierung nach internationalen Vorschriften (IAS und GAAP); zum anderen führt die deutsche Steuergesetzgebung zu einem Abschied von der Einheitsbilanz.

[1] Vgl. Regierungsbegründung zum BiRiLiG, BT-Dr. 10/317, S. 68 unter V 4.
[2] DB 1988, S. 171.
[3] Leitsatz des Beschlusses: "Der Gesellschaftsvertrag (die Satzung) einer GmbH kann den Geschäftsführer nicht verpflichten, die anläßlich des Jahresabschlusses 1987 und später erforderliche Bilanz ausschließlich nach steuerlichen Vorschriften aufzustellen."

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