Rz. 311

Die persönliche Haftung des Kommanditisten lebt auch dann wieder auf, wenn er Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil bereits durch Verluste unter den Betrag der geleisteten Haftsumme herabgesunken ist oder durch diese Entnahme darunter sinken würde, § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB.

 
Praxis-Beispiel

Entnahme von Gewinnanteilen

A ist Kommanditist, seine eingezahlte Hafteinlage beträgt 25.000 EUR. Durch Verluste weist sein Kapitalkonto einen Saldo von 15.000 EUR auf. Im neuen Wirtschaftsjahr entfällt auf A ein Gewinnanteil von 4.000 EUR. A entnimmt 4.000 EUR. Folge ist, dass seine persönliche Haftung in Höhe von 4.000 EUR wieder auflebt.

 

Rz. 312

Ob Gewinnentnahmen auch dann zu einem Wiederaufleben der persönlichen Haftung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB führen, wenn das Kapitalkonto des Kommanditisten infolge bloßer Buchverluste negativ ist, ist in der Literatur umstritten.[1] Ein Teil der Autoren will die lediglich steuerlich bedingten Buchverluste eliminieren und insoweit auf die tatsächliche Vermögenslage abstellen. Der BGH hat dagegen mit Urteil vom 11.12.1989[2] entschieden, dass es für § 172 Abs. 4 HGB allein auf die fortgeführten Buchwerte in der Handelsbilanz ankomme. Das gelte auch für Verlustzuweisungsgesellschaften, die durch die Ausnutzung steuerlicher Sonderabschreibungen stille Reserven gebildet haben. Binz[3] empfiehlt angesichts dieser Rechtsprechung, das Haftungsrisiko gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB dadurch zu begrenzen, dass die von den Kommanditisten aufzubringende Kapitalleistung in einen Einlageanteil und ein Darlehen oder eine stille Beteiligung aufgespalten wird. In diesem Fall können dann ohne Haftungsrisiko auf die Gesellschafterdarlehen Zinsen bzw. auf die stillen Beteiligungen Gewinne unabhängig davon ausgezahlt werden, ob die Kapitalanteile der Kommanditisten infolge steuerlich bedingter Buchverluste oder aus anderen Gründen negativ sind.

Durch diese Aufspaltung der Einlage kann jedoch nicht verhindert werden, dass in der Insolvenz oder in der Liquidation die Gesellschafterdarlehen oder die stillen Beteiligungen wie Eigenkapital behandelt werden und den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung stehen müssen.[4]

[1] Binz, DStR 1991, S. 1253 ff.; Priester, BB 1976, S. 1004 ff.
[3] Binz, DStR 1991, S. 1253 ff. (1256).
[4] Siehe Rn. 714.

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