Rz. 478

§ 118 Abs. 1 AktG räumt Aktiengesellschaften die Möglichkeit ein, in der Satzung vorzusehen oder den Vorstand oder den Versammlungsleiter dazu zu ermächtigen, dass Aktionäre auf elektronischem Wege an der Hauptversammlung teilnehmen und ihre Rechte ganz oder teilweise per elektronischer Kommunikation wahrnehmen können. Obwohl eine entsprechende Regelung im GmbH-Recht fehlt, ist die Zulässigkeit solcher Satzungsregelungen auch bei der GmbH anzunehmen.[1] Bei der GmbH ist sogar denkbar, dass eine Gesellschafterversammlung rein elektronisch, d. h. ohne jegliche Präsenzveranstaltung stattfindet.[2] Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft.

 

Rz. 479

Wenn die Satzung eine Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation vorsieht, können die Gesellschafter ihr Frage- und Rederecht sowie das Stimmrecht und Antragsrechte auf elektronischem Weg ausüben. Ein Gesellschafter, der sich online zuschaltet, gilt als anwesend. Die Satzung entscheidet darüber, ob und wie weit online zugeschaltete Gesellschafter dieselben Rechte haben wie physisch anwesende Gesellschafter. So kann der Gesellschaftsvertrag etwa vorsehen, dass das Rede- und Fragerecht nur von physisch anwesenden Gesellschaftern ausgeübt werden kann und der online teilnehmende Gesellschafter nur stimmberechtigt ist.[3] Das Risiko von technischen Störungen trägt der online beteiligte Gesellschafter im Wesentlichen selbst: § 243 Abs. 3 Nr. 1 AktG sieht für diesen Fall einen Anfechtungsausschluss vor, solange der Gesellschaft nicht grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist. Diese Regelung wird man bei der GmbH analog anwenden.

 

Rz. 480

Auch der Zuschaltung von Geschäftsführern und/oder Aufsichtsratsmitgliedern per Videokonferenz steht nichts entgegen. Zulässig ist – bei entsprechender Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag auch die Übertragung einer Gesellschafterversammlung in Bild und Ton sowie über das Internet. Ob eine Übertragung der Gesellschafterversammlung im Internet auch auf Grundlage eines Gesellschafterversammlungsbeschlusses möglich ist, ist bislang nicht geklärt. Wegen der ansonsten drohenden Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse[4] empfiehlt sich, virtuelle Gesellschafterversammlungen nur bei einer entsprechenden Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag durchzuführen.

 

Rz. 481

Sofern der Gesellschaftsvertrag eine Online-Teilnahme von Gesellschaftern nicht zulässt, bleibt es wie bisher möglich, dass die Gesellschafterversammlung aus dem Versammlungsraum übertragen wird und der physisch abwesende Gesellschafter per E-Mail oder per Telefon Weisungen an einen dort präsenten Stimmrechtsvertreter erteilt. Einen Anspruch der Gesellschafter auf Ausübung des Stimmrechts auf elektronischem Wege gibt es (noch) nicht.

[1] Erdmann, MMR 2000, S. 526, 531; Beck, RNotZ 2014, S. 160, 166; Römermann, in Römermann, MünchAnwHdb GmbH-Recht, § 15 Rn. 195 f.
[2] Beck, RNotZ 2014, S. 160, 166.
[3] Diese Einschränkung empfehlen Arnold/Carl/Götze, AG 2011, S. 349, 360 [für die AG].
[4] Römermann, in Römermann, MünchAnwHdb GmbH-Recht, § 15 Rn. 196; Erdmann, MMR 2000, S. 526, 531.

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