Bei der bisherigen Ausgestaltung von § 4g EStG a. F. war insbes. strittig, ob die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf unbeschränkt Stpfl. und damit in der Praxis sogenannte Rücküberführungen von Wirtschaftsgütern innerhalb von EU-Mitgliedstaaten zu Recht nicht begünstigt waren. Die EU-Kommission hatte diesbezüglich unter dem Gesichtspunkt der Freizügigkeit ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

 
Praxis-Beispiel

Die österreichische Kapitalgesellschaft X-GesmbH hat eine Fabrikationsbetriebsstätte in Stuttgart. Sie ist damit nach § 2 Nr. 1 KStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG und § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Ein Wirtschaftsgut wird aus der deutschen Betriebsstätte in das österreichische Stammhaus überführt. Es kommt zu einem Ausschluss des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Die Rechtsfolge ist eine Entstrickung. Die Stundung über den Ausgleichsposten nach § 4g EStG a. F. wurde in seiner bisherigen Fassung nicht gewährt (§ 4g Abs. 1 Satz 1 EStG a. F.), da die Körperschaft beschränkt steuerpflichtig ist. Dies wurde in der Literatur (vgl. auch Kudert, PIStB 2020, 95) wegen Verstoßes gegen die Freizügigkeit kritisiert.

Diese Rechtslage ändert sich ab 2022 nach dem ATAD UmsG. Denn § 4g Abs. 1 Satz 1 EStG 2022 hat den folgenden Wortlaut: "Der Steuerpflichtige kann in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert und dem nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 zweiter Halbsatz anzusetzenden Wert eines Wirtschaftsguts auf Antrag einen Ausgleichsposten bilden, soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts zugunsten des Staates im Sinne des § 36 Absatz 5 Satz 1 beschränkt oder ausgeschlossen wird (§ 4 Absatz 1 Satz 3)." § 36 Abs. 5 Satz 1 EStG 2022 enthält folgende Ergänzung: "Die festgesetzte Steuer, […], kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind […]." Weitere Voraussetzung des § 36 Abs. 1 EStG ist, dass sich die EU/EWR-Staaten im Rahmen der Amtshilfe und der Beitreibung von Steuern gegenseitig unterstützen. Dies ist im Verhältnis zu Österreich der Fall (s. Beispiel oben). Damit sind die strittigen Fälle des Ausschlusses von beschränkt Steuerpflichtigen aus der aufgeschobenen Besteuerung bereinigt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung in dem geplanten Anwendungsschreiben eine rückwirkende Anwendung in allen noch offenen Fällen akzeptiert.

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