§ 50 Abs. 9 Satz 1, 1. Alt. EStG verweist bei Qualifikationskonflikten das Besteuerungsrecht ebenfalls an den Wohnsitzstaat (Deutschland) zurück. Qualifikationskonflikte haben ihre Ursache in einer nicht übereinstimmenden Abkommensanwendung durch die Vertragsstaaten; sie können unterschiedliche Ursachen haben.

§ 50d Abs. 9 Satz 1, 1. Alt. EStG ist faktisch die Umsetzung der Auslegung des OECD-MA 2000.[1] Danach vermeidet der Ansässigkeitsstaat eine nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens verbleibende Doppelbesteuerung (positiver Qualifikationskonflikt) grundsätzlich durch Anrechnung der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 1 EStG. Bei positiven Qualifikationskonflikten folgt der Ansässigkeitsstaat der Qualifikation des Quellenstaats (sog. Rechtsfolgenverkettung). Danach wird die Doppelbesteuerung nach der Methode vermieden, die sich dafür im Methodenartikel des jeweiligen DBA für diese Einkünfte ergibt. In Fällen doppelter Nichtbesteuerung oder zu niedriger Besteuerung (negativer Qualifikationskonflikt) unterbleibt die Freistellung. Eine etwaige ausländische Steuer wird nach § 34c Abs. 1 EStG angerechnet.

Diese Auslegung des OECD-MA wurde bislang von der Finanzverwaltung auch auf DBA angewendet, die im Zeitpunkt der Änderung des OECD-MA bereits bestanden haben.[2]

Nimmt der andere Staat jedoch sein Besteuerungsrecht nicht oder nur im eingeschränkten Umfang wahr, fällt das Besteuerungsrecht auf Deutschland zurück. Die Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1, 1. Alt. EStG ist rückwirkend in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden.

In der Literatur wird allerdings die Auffassung vertreten, dass § 50d Abs. 9 EStG bei nur zum Teil steuerfreien Einkünften nicht anwendbar ist.[3]

[1] OECD-Musterabkommen, Ziffer 31.1 bis 32.7 zu Art. 23.
[3] Meretzki, IStR 2008 S. 23.

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