In der Praxis treten nachfolgende Abgrenzungsprobleme auf. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Bewertung nur auf die Frage des Ansatzes eines Transferpaketes im Rahmen einer "echten" Funktionsverlagerung bezieht. In diesen Fällen ist bei einer Verneinung einer Funktionsverlagerung (im engeren Sinne) dennoch eine Verechnungspreisproblematik (d. h. i. d. R. durch Einzelbewertung auf Cost-Plus-Basis) gegeben.

Personalentsendung

Kein Fall der Funktionsverlagerung liegt vor, wenn Personal an ein verbundenes ausländisches Unternehmen entsandt wird, ohne dass eine Unternehmensfunktion oder wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter oder wesentliche sonstige Vorteile (z. B. spezifisches Know-how) übergehen (§ 1 Abs. 7 FVerlV a. F.). Die bloße Mitarbeiterentsendung stellt damit keine Funktionsverlagerung dar und kann bereits deshalb keine Transferpaketbildung auslösen. Die Norm wurde zwar nicht in die FVerlV 22 übernommen, nach der amtlichen Begründung ist hiermit aber keine Rechtsänderung eingetreten, da die genannten Fälle auch nach den verbleibenden Regelungen nicht als Funktionsverlagerung eingestuft werden.[1]

Das BMF weist aber einschränkend darauf hin, dass eine Funktionsverlagerung in Personalentsendungsfällen z. B. dann vorliegen kann, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt. Dies führt in der Regel zu einer Einschränkung der Geschäftstätigkeit des entsendenden Unternehmens, es werden Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen bzw. es gehen Chancen und Risiken über.[2]

Verlängerte Werkbank (Lohnfertiger)

Bei einer Produktionsverlagerung kann je nach Ausgestaltung der Verhältnisse eine sogenannte Eigenfertigung oder eine Lohn- bzw. Auftragsfertigung vorliegen. Eine Funktionsverlagerung i. e. S. liegt nur im erstgenannten Fall vor, d. h. die Ausgestaltung der Produktionsverlagerung als Lohnfertigung vermeidet eine steuerliche Funktionsverlagerung.

Als wesentliche Merkmale des Lohnfertigers sind nach Auffassung der Finanzverwaltung folgende Gesichtspunkte festzuhalten:

  • der Auftraggeber (Mutterunternehmen) bestimmt den Produktionsablauf;
  • der Auftraggeber stellt Rohstoffe oder Teilprodukte bei;
  • der Lohnfertiger trägt kein Absatzrisiko, weil der Auftraggeber die Produktion abnimmt (Abnahmegarantie) und

    • die Produkte bzw. Teile nicht selbst entwickelt und kein Eigentum an den entscheidenden immateriellen Wirtschaftsgütern hat, sondern der Auftraggeber hat regelmäßig das Eigentum an den erforderlichen immateriellen Wirtschaftsgütern und
    • erhält Anweisungen vom Auftraggeber, welche Fertigungsschritte er wie auszuführen hat und trägt nur geringe Risiken bzw. setzt nur geringe Mittel ein.
 
Hinweis

Abgrenzungsproblematik bei Produktionsverlagerung

Zur Abgrenzungsproblematik bei einer Produktionsverlagerung auf ein ausländisches verbundenes Unternehmen ist eine Entscheidung des Finanzgerichts München[3] ergangen, die sich mit verschiedenen wichtigen Aspekten der Funktionsverlagerung – insbesondere der Behandlung von Routinefunktionen – beschäftigt. Das FG folgt hierbei in einer Vielzahl von Punkten nicht der Auffassung der Finanzvewaltung. Lediglich der Umfang der Bemessungsgrundlage wird bestätigt.

Das FG vertritt die Auffassung, dass es zu keiner Funktionsverlagerung kommt, wenn dem Endkunden im Falle einer weiteren Inlandsfertigung keine konkurrenzfähigen Preise angeboten werden können. Dies widerspricht der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung hinsichtlich des Einigungsbereichs, die auch im Falle einer Wertlosigkeit der bestehenden Inlandsproduktion, bei Werthaltigkeit der künftigen Auslandsproduktion, zu einem anzusetzenden Wert führen würde.

Zunächst lehnt das FG die Anwendung der Standardmethoden ab, weil es weder den uneingeschränkten noch den eingeschränkten Fremdvergleich als möglich ansieht. Anschließend wendet das FG den hypothetischen Fremdvergleich an und versucht einen Einigungsbereich zu bestimmen, kommt dann aber zur Kostenaufschlagsmethode zurück. Unklar bleibt, ob das Gericht die Kostenaufschlagsmethode als Standardmethode i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 AStG ansieht oder als theoretische Überlegung zur Ausformung des hypothetischen Fremdvergleichs begreift.

Das Gericht bezieht bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode die Materialkosten nicht in die Berechnungsgrundlage der Kostenaufschlagsmethode ein. Damit wird die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt.[4]

Das FG hält einen Kostenaufschlag in Höhe von 17 % für geboten. Dieser Aufschlag wird leider weder empirisch noch argumentativ hergeleitet. International ist bei einer Auftragsfertigung ein Satz von 5 % üblich.

Eine pauschale Aufteilung der Standortvorteile 50:50 hielt das FG München für unzulässig. Dies widerspricht einer Entscheidung des FG Münster.[5]

Der BFH hat mit Urteil v. 9.8.2023 diesen ersten in höchster Instanz anhängigen Fall einer Funktionsverlagerung teilweise (im Rahmen von Vorgaben)...

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