Rz. 78

Software ist im Falle des Erwerbs mit den Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusetzen. Dazu zählen der Kaufpreis bzw. die Lizenzkosten, die (internen und externen) Aufwendungen, die erforderlich sind, um die Software in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, die Anschaffungsnebenkosten sowie nachträgliche Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen. Während Standardsoftware u. U. sofort betriebsbereit sein kann, sind auch bei als (variabler) Standardsoftware zu klassifizierender ERP-Software und bei Individualsoftware gewöhnlich noch kundenspezifische Anpassungen erforderlich, um diese in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen.[1] Eventuell sind die Aufwendungen in einen Teil aufzuteilen, der als Anschaffungskosten aktivierungspflichtig ist, bzw. in einen Teil, der nicht aktiviert werden darf (vgl. Rz. 79).[2] Zu den als Anschaffungskosten, Inbetriebssetzungsaufwendungen bzw. Anschaffungsnebenkosten aktivierungspflichtigen Aufwendungen zählen beim Erwerb der Software beispielweise die Aufwendungen für folgende Tätigkeiten, unabhängig davon, ob diese durch Personal des Anwenders oder durch externe Dritte erbracht wurden, weil diese unmittelbar mit der Anschaffung im Zusammenhang stehen:[3]

  • die Analysen und Dokumentation der Geschäftsprozesse inkl. Design der Soll-Prozesse als notwendige Vorstufe der Softwareeinführung,
  • Projektmanagementleistungen, u. a. zur Sicherstellung der Umsetzungen der Projektanforderungen,
  • die Implementierung, die als Konfigurationsmaßnahmen einzuordnen ist, wie

    • die Einrichtung der Server für den Betrieb der Datenbanken und Applikationen,
    • die technische Installation der Datenbanken und Applikationen,
    • das Einstellung der Benutzeroberflächen,
    • das Erstellen von benutzerdefinierten Menüs,
    • das Einfügen von benutzerdefinierten Feldern und Objekten,
    • das Festlegen von Pflichtfeldern und die Erstellung von Validierungsregeln,
    • die Anpassungen an die Unternehmens- und Branchenstruktur, z. B. im Hinblick auf die im Programm hinterlegten Tabellen,
    • die Abbildung der Datenstrukturen des Unternehmens,
    • Einstellung von Standard-Belegtypen,
    • die Integration des sog. Corporate Designs in Listen und Formularen,
    • die Erstellung von sog. Dashboards,
    • das Erstellen von Vorlagen und Berichten (sog. Reports),
    • die Hinterlegung eines Berechtigungskonzepts,
    • die Einstellung von bereits vorhandenen direkten Schnittstellen,
    • das Einstellen von (Batch-)Jobs,
    • Einrichtung von Standard-Workflows (z. B. mit Hilfe eines Workflowkonfigurators),
  • sowie die Implementierung, die dem Customizing subsumiert werden kann, wie

    • die Programmierung von individuellen bzw. neuen Schnittstellen,
    • das Erstellen individueller (Batch-)Jobs,
    • die Programmierung von neuen Add-Ons und Modulen,
    • das Hinzufügen neuer Funktionalitäten,
    • die Erstellung individueller Belegarten und -varianten,
    • die Erstellung individueller Workflows sowie
    • die Generierung von benutzerdefinierten Formularlayouts und benutzerdefinierten Tabellen,
    • die Programmierung neuer Reports bzw. Einstellung von Queries,
  • das Installieren der Software auf den Endgeräten der Nutzer sowie
  • die Programm- und Systemtests[4] (Unit Test, Funktionstest, User Acceptance & System Integration Tests) inkl.

    • der Definition der Testcases,
    • das Testmanagement,
    • die Durchführung der Tests,
    • die Nachbesserungsarbeiten und
    • die Dokumentation der Tests bzw. der Testergebnisse (insbesondere, wenn dies eine Bedingung für die Abnahme ist).[5]

Die Aufwendungen sind grundsätzlich Anschaffungsnebenkosten, sofern die Betriebsbereitschaft der Software zum Zeitpunkt der Maßnahme noch nicht gegeben war bzw. andernfalls – im Falle nachträglicher Beauftragung –, wenn die Aufwendungen bei bekannter Notwendigkeit dieser Maßnahmen im Zeitpunkt der initialen Beauftragung ebenfalls durchgeführt worden wären.

Gemäß BMF-Schreiben[6] gehören auch Aufwendungen für sog. Extensions (Programmerweiterung) zu den Anschaffungsnebenkosten. Dies gilt nicht nur für das Steuerrecht, sondern auch für die handelsrechtliche Rechnungslegung. Anschaffungsnebenkosten ergeben sich auch aus solchen Eigenleistungen, die mit der Anschaffung und Implementierung in direktem Zusammenhang stehen und sich diesem einzeln zuordnen lassen. Als Beispiele können hier Kosten (innerbetriebliche Personalkosten, Raum- oder Reisekosten) für die Installation und die Parametrisierung angeführt werden.[7]

Werden bei der erstmaligen Implementierung der erworbenen Software im Rahmen des Anschaffungsvorgangs durch Programmierung, z. B. von Schnittstellen, oder durch andere Tätigkeiten, z. B. durch die Erstellung von Berichten, neue Funktionen geschaffen oder bestehende Funktionen wesentlich verbessert (Modifikationen), sind diese Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten zu klassifizieren. Da diese Aufwendungen im Rahmen des Wertmaßstabs der Anschaffungskosten zu beurteilen sind, ist es unbedeutend, wer das Herstellungsrisiko trägt. Für diese Aufwendungen existiert eine Aktivierungspflicht.

Hiervon abzugre...

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