Zunächst stellt sich die Frage, ob der im Ausland (aufgrund dortigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) ansässige Influencer im Inland eine beschränkte Steuerpflicht begründet. Eine solche besteht, wenn der Influencer weder über Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verfügt und im Inland Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt. Maßgebend sind dabei die im Inland entfalteten Aktivitäten, wobei im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale außer Betracht bleiben, soweit deren Berücksichtigung eine Erfassung i. R. d. § 49 EStG verhindern würde.[1]

Liegen gewerbliche Einkünfte vor, kommt regelmäßig § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. d) und f) EStG in Betracht, da Influencer in der Regel keine Betriebsstätte[2] in Inland begründen. Voraussetzung ist eine tatsächlich (d. h. physisch)[3] im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietung. Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen[4] unterliegen dabei ebenfalls der beschränkten Steuerpflicht, unabhängig davon wem sie zufließen.

Darbietungen i. S. d. Vorschrift sind weit zu verstehen und liegen vor, wenn etwas öffentlich oder nicht-öffentlich aufgeführt, gezeigt oder vorgeführt wird. Die Darbietung muss auf eine gewisse Außenwirkung gerichtet sein, setzt aber dabei nicht voraus, dass das Publikum physisch anwesend ist.

[5]

Darbietungen sind daher bspw. Konzerte, Shows, Turniere und Wettkämpfe sowie aber auch Auftritte und Studioaufnahmen für Film, Funk (bzw. Podcast), Fernsehen (bzw. ähnlichen Online-Plattformen) oder zur Herstellung von Bild- und Tonträgern.[6]

Künstlerische Darbietungen setzen eine eigenschöpferische Leistung des Künstlers voraus in "der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt, und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus grundsätzlich eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreicht".[7] Dabei kommt es nicht auf jedes einzelne Werk des Künstlers, sondern vielmehr auf das Gesamtwerk an. In aller Regel erbringen Influencer nur in seltenen Fällen künstlerische Darbietungen. Zudem werden auch sog. werkschaffende Künstler (Maler, Bildhauer, Schriftsteller oder Komponisten) nicht von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. d) EStG erfasst.

[8]

Setzen Influencer ihren Bekanntheitsgrad zur Ausübung von werbenden Tätigkeiten ein, liegen in aller Regel gewerbliche Einkünfte vor. Nur dann, wenn der Influencer in seiner Tätigkeit völlig frei ist und die werbende Tätigkeit aus einer eigenschöpferischen Leistung besteht, können im Einzelfall Einkünfte nach § 18 EStG aus selbstständiger Tätigkeit argumentiert werden.[9]

Sportliche Darbietungen erfordern die Subsumtion unter einen weit verstandenen Sportbegriff, worunter bspw. auch Motorsport zu fassen ist. Sportliche Tätigkeiten sind alle auf Bewegung, Spiel, Einzel- oder Wettkampfleistungen gerichteten und über den alltäglichen Rahmen hinausgehenden körperlichen Anstrengungen.[10]

Keine sportlichen Darbietungen erbringen hingegen Trainer, da insoweit keine eigene sportliche Ertüchtigung im Vordergrund steht, sondern viel mehr die der zu trainierenden Person oder Mannschaft.[11]

Artistische Darbietungen setzen eine besondere Körperbeherrschung voraus. Über die artistisch oder optisch ansprechende Leistung werden keine weitergehenden geistigen oder seelischen Eindrückevermittelt. Als klassische Anwendungsfälle können Zirkus- oder Varieté-Artisten, Fakire, Feuerschlucker, Schlangenmenschen und Jongleure genannt werden. Influencer erbringen erfahrungsgemäß nur in seltenen Fällen artistische Darbietungen (bspw. bestimmte tänzerische Darbietungen auf TikTok). Dennoch sollte dieser Aspekt im Rahmen einer Einzelfallprüfung zumindest angedacht werden.[12]

Unterhaltende und ähnliche Darbietungen stellen in technischer Hinsicht Auffangtatbestände für solche Darbietungen dar, die über kein oder lediglich ein geringes künstlerisches bzw. eigenschöpferisches Element verfügen.[13]

Maßgebend ist der unterhaltende Charakter der Darbietung. Hier muss weder ein künstlerisches, artistisches oder sportliches Element gegeben sein. Wissenschaftliche oder wissensvermittelnde Vorträge sind hingegen nicht unterhaltend und werden entsprechend nicht von der Vorschrift erfasst.[14]

Eine ähnliche Darbietung liegt vor, wenn es sich einerseits um eine Aufführung oder Vorführung vor Publikum handelt und andererseits die erbrachten Leistungen zum Grenzbereich der ausdrücklich genannten künstlerischen, sportlichen und artistischen Darbietungen gehören, sich aber lediglich graduell von diesen unterscheiden und Schnittstellen zu diesen aufweisen. Der Darbietung muss ein gewisser eigenschöpferischer Charakter zukommen.[15]

Hierunter können insbesondere sog. appearance-fees fallen, die dafür gezahlt werden, dass Prominente sich auf einer Veranstaltung zeigen bzw. an dieser teilnehmen.[16]

Eine entsprechende Einordnung der für Influencer typischen Online-Beiträge (aufgezeichnet oder live) kann zumindest nicht ausgeschlossen werden...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge