Rz. 31

Der Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen kommt im Bereich des immateriellen Vermögens nicht nur wegen der unterschiedlichen Bewertungsvorschriften und wegen der Auswirkungen auf die Bilanzanalyse Bedeutung zu, sondern auch und vor allem wegen der Regelungen des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB im Handelsrecht und des § 5 Abs. 2 EStG im Steuerrecht. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB sieht für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungswahlrecht vor.[1] Im Steuerrecht kommt der Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 2 EStG indes noch größere Bedeutung zu. So ist gemäß § 5 Abs. 2 EStG für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur dann anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Immaterielle Gegenstände des Umlaufvermögens unterliegen dem Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 HGB und müssen folglich in Handels- und Steuerbilanz stets angesetzt werden.[2]

 

Rz. 32

Wenn auf das Erfordernis strenger Anforderungen an die Zulässigkeit des Ausweises im Umlaufvermögen hingewiesen wird, um Umgehungen des Aktivierungsverbots für selbst erstellte immaterielle Anlagegüter im Steuerrecht bzw. dem in der Handelsbilanz bestehenden Aktivierungsverbot für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zu verhindern,[3] dann wird die Bedeutung der Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen deutlich. Für die Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen ist die Zweckbestimmung, dem Geschäftsbetrieb dauernd oder nicht dauernd zu dienen, maßgebend, für die sowohl die objektiven als auch die subjektiven Komponenten erfüllt sein müssen:[4]

  1. Typische Arten des Anlage- und Umlaufvermögens sind durch die Einordnung in der Bilanzgliederung des § 266 HGB skizziert. Trotzdem kann auch ein Grundstück zum Umlaufvermögen gehören, wenn es – z. B. bei einer Immobiliengesellschaft – wieder veräußert werden soll.
  2. Zwar beeinflusst der subjektive Wille der Gesellschaft die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen, er kommt aber erst dann zum Tragen, wenn andere Hilfsmerkmale eine objektivierte Funktionsbestimmung nicht gewährleisten.
  3. Ein dauerndes Halten ist nicht im Sinne eines konkreten Zeitbegriffs zu verstehen, vielmehr kommt es darauf an, ob Nutzungen über eine gewisse Zeit abgegeben werden sollen oder ob eine Weiterverarbeitung oder Umsetzung im Produktionsprozess vorgesehen ist.[5]

Zwar kann bei immateriellen Gütern nur ausnahmsweise eine Zuordnung zum Umlaufvermögen erfolgen, sofern allerdings immaterielle Güter zur Weiterveräußerung bestimmt sind, ist ihre Zuordnung zum Umlaufvermögen geboten; so werden im Rahmen einer Auftragsforschung erstellte Patente, in echter Auftragsproduktion hergestellte Spielfilme und zum Verkauf bestimmte EDV-Programme beispielhaft als Güter des immateriellen Umlaufvermögens hervorgehoben.[6]

[1] Ein Bilanzierungsverbot besteht hingegen gemäß § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.
[2] Vgl. dazu Baetge/Fey/Sommerhoff, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung, § 248 HGB Rz. 35, Stand: Mai 2020; Schmidt/Usinger, in Grottel/Schmidt/Schubert/Störk, Beck’scher Bilanzkommentar, 12. Aufl. 2020, § 248 HGB Rz. 14; zur entsprechenden Behandlung in der Steuerbilanz vgl. Biergans, Einkommensteuer, 6. Aufl. 1992, S. 216.
[3] Vgl. Baetge/Fey/Sommerhoff, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung, § 248 HGB Rz. 36, Stand: Mai 2020.
[4] Vgl. dazu und zum Folgenden mit weiteren Literaturverweisen Hütten/Lorson, in Dusemond/Küting/Weber/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rz. 45 ff., Stand: Mai 2020.
[5] Vgl. zur Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen anhand der Wertpapiere unter Heranziehung vor allem der Dauerbesitzabsicht und Haltefähigkeit sowie der Veräußerungsabsicht und Veräußerungsmöglichkeit Bieg, DB 1985, Beilage Nr. 24, S. 6 ff.
[6] Vgl. dazu Biergans, Einkommensteuer, 6. Aufl. 1992, S. 216.

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