Die Unternehmen haben erste Erfahrungen mit der Erbringung von Serviceleistungen gesammelt. Die Kunden ebenfalls. Sie entwickeln ihre Bedarfe weiter und die Nachfrage nach diesen Leistungen wächst.

Abb. 25: Rollen und Aufgaben im Controlling – Schritt 2: Full Service Dienstleister

Eine erfolgreiche und gewinnbringende Preisstrategie für beide Seiten zu finden, wird damit bei Full-Service-Anbietern ein immer wichtigerer Prozess. Gemeinsam mit dem Produktmanagement sind entsprechende Preiskonzepte und -strategien auszuarbeiten. So ist z. B. im Abo-Verkauf ein vermehrter Fokus auf spätere Kostenfallen zu legen. Dazu gehört die Rücknahmelogistik bis hin zur Wiederverwendung von gebrauchten Gegenständen oder die Bonität der Kunden. Das Schweizer Online-Einrichtungshaus Belani bietet sein Modell, Einrichtungsgegenstände aus 5.000 Artikeln monatlich zu mieten, nicht mehr an. Auch Nike[1] evaluiert sein Angebot ständig. Das Angebot, jährlich eine bestimmte Anzahl von Kinderschuhen für die Dauer von sechs Monaten im Abonnement zu beziehen, zurückzuschicken und recycelt zu bekommen, wird derzeit nicht fortgeführt. Die Preisbildung ist – gerade in der Servitization – auch eine Vertrauensangelegenheit. Der Kunde legt viele Details seines Geschäftsmodells offen, damit eine optimale Betreuung und Ausgestaltung der Services gewährleistet ist. Für beide Partner ist es eine große Herausforderung, einen fairen Preis für die Leistung zu ermitteln, da die Prozessabläufe und der Einsatz der Anlagen genau vorausgedacht werden müssen. Für das Controlling bedeutet diese neue Ausrichtung eine Veränderung des Blickwinkels. Planung & Kostenrechnung müssen angepasst werden. Anders als bei produktionsorientierten Planungen, die auf Absatzmengen und Stückkostenallokationen beruhen, muss die geplante Nachfrage nach Services in der Umsatzplanung mitberücksichtigt werden. Um die Aufwände oder Investments zu berücksichtigen, bedarf es einer prozessorientierten Ressourcen- und Kapazitätsplanung. Darüber hinaus integriert das Controlling künftig Ergebnisse aus Kundenbefragungen und Trendinformationen in die Planung, als relevanten Bezugspunkt für Ziele, Strategien und Maßnahmen. Zunehmend sind Controller in ihrer Rolle als Change Agent & Business Partner gefordert. In der operativen Umsetzung ist es wichtig, die laufenden Kosten und jetzt auch Erträge im Blick zu haben. Anders als bei Produkten, sind bei Services Veränderungen schnell realisierbar und bedeuten einen flexiblen Produkt-Service-Mix. Start-Ups zeigen was möglich ist, wenn es gewollt ist. Sobald innovative und neue Services stärker genutzt werden, müssen die Chancen hieraus bewertet und bei Standard-Services die Prozesse angepasst und standardisiert werden. Um schneller auf Kundenwünsche zu reagieren und wirtschaftliche Freiräume zu gewinnen, gilt es, die internen Abläufe zu beschleunigen und effizientere Kostenstrukturen zu schaffen. Die Zunahme der Serviceleistungen führt dazu, dass Unternehmen diese nicht mehr allein als Full-Sortimenter erbringen, sondern vermehrt mit Partnern zusammenarbeiten. Das können Zulieferer, Vertriebspartner oder sogar Wettbewerber sein. Eine enge Abstimmung und Verzahnung mit der Einkaufsabteilung, insbesondere beim Vertragscontrolling (Governance Function), sollte daher auf der Roadmap der Controller stehen. So können z. B. Rahmenverträge Planungssicherheit sowohl bei der Partnerbeziehung als auch bei den Preisvereinbarungen bringen. Gleichzeitig sorgen Kontingentabrufe für die notwendige Flexibilität, ohne dass sofort ungeplante Kosten entstehen. Service-Bedarfe entstehen in Realtime. Anders als bei Monatsabschlüssen ist es wichtig, Informationen laufend (täglich, stündlich, minütlich) über Realtime und Selfservice-Dashboards zur Verfügung zu stellen, um rechtzeitig Engpässe zu erkennen und Steuerungsmöglichkeiten zu schaffen. Beispiele sind die Auslastungen von Hotlines oder die Verfügbarkeit von Wartungs- oder Verkaufsmitarbeiter, um Zusatzkapazitäten flexibel und zeitnah beisteuern zu können. Open Source-Strategien sowie die offene Zusammenarbeit über API-Schnittstellen erleichtern die Zusammenarbeit wesentlich. Z. B. werden Produktionspläne offengelegt, um das Partnerunternehmen schneller zu integrieren. Damit werden gleichzeitig gemeinsame Verbesserungsprozesse angestoßen. Die Analyse der Daten ermöglicht Rückschlüsse über Nachfrage, Prozessabläufe, Warte- und Liegezeiten sowie die Einhaltung von Qualitätsstandards. Durch die Kombination von Industrie- und Prozessdaten sowie wirtschaftlichen Daten entstehen neue Informationen, die nicht nur für Prozessoptimierungen, sondern auch für weitere Umsatzchancen genutzt werden können. Für diese analytischen Insights wird die Kompetenz eines (Data-)Analyst benötigt.

[1] Vgl. Nike Adventure Club.

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