Hauptmerkmale dieses Servitization-Schrittes hin zum integrierten Lösungsanbieter sind, dass Nutzen und Mehrwert durch die Services entstehen. Verkauft werden Dienstleistungen. Dabei bleiben die Produkte im Eigentum des Herstellers. Wesentliche Teile der Wertschöpfungskette werden gemeinsam mit Partnern erbracht, die integraler Bestandteil des Kundenprozesses sind. Laptophersteller, die über ihre Full-Services hinaus einen App-Store anbieten, wie z. B. Apple, schaffen ein Eco-System, in dem Kunden, Partner und Unternehmen gemeinsam Mehrwerte schaffen und jeder an der Wertschöpfung partizipiert.

Abb. 26: Rollen und Aufgaben im Controlling – Schritt 3: Anbieter von Integrierten Lösungen

Damit ändert sich das Geschäftsmodell grundlegend. Controller begleiten und treiben in dieser Phase den Wandel des Geschäftsmodells aktiv voran und sollten dies nicht ausschließlich den produkt- und servicenahen Funktionseinheiten überlassen. Ausgehend vom Markt- und Wettbewerbsumfeld sind Kunden und Partner so einzubeziehen, dass daraus nachhaltige Geschäftsmodelle und -prozesse entstehen. Der Langfristaspekt von Geschäftsbeziehungen wird zunehmend wichtiger. Auch die Risiken gilt es im Blick zu haben. Sie müssen sich rechnen; immerhin wird bei integrierten Lösungen ein Teil des Absatzrisikos vom Kunden auf den Hersteller verlagert. Insbesondere die traditionelle Planung und Kostenrechnung, die auf Basis der Absatzmengen über die Stückkostenallokation bisher für schlanke und effiziente Controlling-Methoden sorgten, steht auf dem Prüfstand. Bei der Servitization bilden die Service-Prozesse sowie die Einhaltung von Service-Level-Agreements in Kombination mit einer nutzungsabhängigen Bepreisung den Mittelpunkt der Umsatz- und Kostenplanung. Dazu ist die Kostenstellen-Sicht durch ein Prozesscontrolling zu ergänzen. Kostenträger sind treiberbasiert oder in Abhängigkeit vom Nutzungsmodell auszuprägen. Die bisherige Produktsicht verliert an Bedeutung. Damit einher geht die Notwendigkeit, die granularen Verrechnungspreise und -praktika zu vereinfachen, ggf. auch ganz abzuschaffen, wenn sie in den zukünftigen Prozessen keine Steuerungswirkung oder gesetzliche Relevanz haben. Auch die Steuerung der Ergebnisse ist anzupassen. Typisch für die Servitization ist ein Shift von produktbezogenen variablen Kosten hin zu einem höheren Anteil an serviceabhängigen (Fix-)Kosten. Der Grad der Einflussnahme wird länger, insbesondere durch die externen Vertragsbeziehungen mit Kunden und Partnern. Hier bietet vor allem eine stufenweise Deckungsbeitragsrechnung periodengerechte Ergebnis-Transparenz. Um die Qualität sicherzustellen und zu monitoren, sind zusätzlich zu den operativen KPIs strategische KPIs für die Steuerung der Transformation erforderlich. Geeignete Top-KPIs sind z. B. Time to Service für die Prozessgüte oder der Umsatzanteil von Service-Lösungen am Gesamtumsatz für den Transformationsgrad des Geschäftsmodells. Von besonderer Bedeutung ist die Zufriedenheit der Kunden. Erweitert werden können Befragungen zur Kundenzufriedenheit, z. B. um Sentimentanalysen (Stimmungserkennung). Dabei handelt es sich um Online-Wortmeldungen, mit der die positive oder negative Haltung von Kunden gegenüber Produkten, Leistung und Erlebnissen frühzeitig über Stimmungsbilder gemessen werden kann. Zur Messung der Kundenbindung eignet sich die Churn-Rate.[1] Sie gibt an, wie viele Kunden eines Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum im Vergleich zum bestehenden Kundenstamm abgesprungen sind. Eine zukunftsorientierte Servitization-Planung ist treiberbasiert, datenbasiert und vorausschauend. Das schließt auch rollierende oder anlassbezogene Forecasts mit ein. Automatisierung ist dabei nur der erste Schritt als Voraussetzung für effiziente Planungsprozesse. Die bisherige Produktplanung wird durch eine nutzungsbezogene Planung abgelöst, da die Services die steuerungsrelevanten Treiber sind. Durch die Validierung von internen und externen Daten können damit Prognosen datengetrieben für eine bessere Planungsqualität sorgen. Damit wird die Rolle des Daten-Analysten zunehmend wichtiger. Im externen Umfeld gilt es, die neuesten IT-Technologien zu nutzen, um die Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden über Plattformen und Cloud-Lösungen in Real-Time-Prozessen schlank und nutzbringend zu gestalten. Open Source-Strategien erleichtern die Zusammenarbeit wesentlich. Die Nutzung der Serviceangebote nimmt zu. Dabei werden sich die Kundenwünsche zukünftig immer schneller ändern. Das führt dazu, dass Unternehmen diese kaum mehr allein erbringen können, sondern vermehrt mit Partnern zusammenarbeiten. Bei der Auswahl der Geschäftspartner unterstützt das Controlling die M&A Abteilung, z. B. mit einer Due Diligence des Unternehmens und beim strategischen Fit der Geschäftsmodelle. Bei der Bonität spielt nicht nur die wirtschaftliche Stabilität eine Rolle. Immer wichtiger ist es, auch das nachhaltige Umfeld und die Hintergründe der Partnerunternehmen zu prüfen, um spätere Imageschäden zu...

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