Zusammenfassung

 
Überblick

Klimawandel ja oder nein – die Gefahr katastrophaler Überschwemmungen ist jedenfalls in jüngster Zeit deutlich gestiegen. Dabei entstehen nicht nur große volkswirtschaftliche Schäden. Mancher Grundbesitzer steht sogar vor dem Ruin und fragt, wer eventuell finanziellen Ausgleich schuldet. Im Fokus stehen dabei etwaige Versäumnisse der zuständigen Behörden.

1 Schutz vor "Jahrhunderthochwasser"

1.1 Erhöhtes Risiko

Das Lied "Am Tag, als der Regen kam" hat für viele Bürger seit den Hochwasserkatastrophen von 2002 und 2013 und erst recht nach den Überschwemmungen im Sommer 2021 eine ganz eigene Bedeutung erlangt. Solche sintflutartigen Regenfälle mit ähnlich dramatischen Folgen, insbesondere im Einzugsgebiet von Bächen und Flüssen, aber auch im Stadtgebiet, können sich jederzeit in immer kürzeren Abständen wiederholen. Wie ist es dann um Ersatzansprüche bestellt? Wie lassen sich derartige Schäden vermeiden? Derzeit sind rund 5 % der Fläche der Bundesrepublik als Überschwemmungsgebiete (mit rd. 1,6 Mio. Einwohnern) ausgewiesen und etwa 6 % als Risikogebiete (mit rd. 6,1 Mio. Einwohnern) anzusehen.

1.2 Neue Schutzgesetze

Hochwasserschutzgesetz II

Die bislang letzte Hochwasserschutznovelle erfolgte durch das "Gesetz zur weiteren Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes" (Hochwasserschutzgesetz II).[1]

Das Gesetz soll:

  • Verfahren für die Planung, Genehmigung und den Bau von Hochwasserschutzanlagen erleichtern und beschleunigen,
  • Gerichtsverfahren gegen geplante und genehmigte Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigen,
  • zusätzliche Vorschriften schaffen, die dazu beitragen, die Entstehung von Hochwasser einzudämmen und
  • Regelungslücken schließen, um Schäden durch Hochwasser zu verhindern oder zu vermindern.

Erreicht werden soll dies maßgeblich durch ein neues Vorkaufsrecht der Länder an für Hochwasserschutzmaßnahmen benötigten Grundstücken, durch die enteignungsrechtlichen Regelungen und die Möglichkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung. Dieses neue bundesrechtliche Vorkaufsrecht (§ 99a WHG) hat Vormerkungswirkung, wird nicht im Grundbuch eingetragen und hat keine grundbuchsperrende Wirkung. Die gerichtliche Zuständigkeit für Hochwasserschutzmaßnahmen wird künftig erstinstanzlich beim OVG bzw. VGH liegen.[2]

Wasserhaushaltsgesetz

Die weitestgehenden Verbesserungen erfuhr das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Vorbeugender Schutz soll maßgeblich erreicht werden durch ein neues Vorkaufsrecht der Länder an für Hochwasserschutzmaßnahmen benötigten Grundstücken, durch die enteignungsrechtlichen Regelungen und die Möglichkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung.

Ferner werden sog. Hochwasserentstehungsgebiete definiert. Dabei handelt es sich um eine neue Kategorie von Gebieten, in denen bei Starkregen oder Schneeschmelze in kurzer Zeit Hochwasser entstehen könnte, z. B. in Mittelgebirgen oder alpinen Regionen. In diesen Gebieten seien bestimmte Vorhaben genehmigungspflichtig, u. a. der Bau von Straßen oder großflächige Bodenversiegelungen.

In den von den Bundesländern festgesetzten Überschwemmungsgebieten kann im Außenbereich von Gemeinden i. d. R. kein Baugebiet mehr ausgewiesen werden. Auch die Errichtung von Mauern und Wällen, die den Wasserabfluss behindern, ist grundsätzlich untersagt.

Verbot von Heizölanlagen

Ein Großteil der Schäden bei Hochwassern entsteht durch Ölheizungen. Zurückliegende Hochwasser haben gezeigt, dass bis zu 70 % der Sachschäden an Gebäuden durch ausgetretenes Heizöl verursacht wurde. Dringt Öl ins Mauerwerk ein, ist dieses oft vollständig kontaminiert. Das Gebäude kann dann nur aufwendig saniert oder komplett abgerissen werden. Das verseuchte Wasser steht meist noch wochenlang in der Region. Es ist deshalb verboten, in Überschwemmungs- und Risikogebieten neue Heizölanlagen für Privatpersonen und Unternehmen zu bauen. Die in diesen Gebieten bestehenden alten Anlagen müssen – gerechnet ab 2018 – innerhalb von 15 Jahren nachgerüstet werden.

[1] Gesetz v. 30.6.2017, BGBl. I S. 2193.
[2] Eingehend zu den Neuerungen Mitschang/Arndt/Schnorr, UPR 2018, S. 361.

1.3 Öffentliche Hochwasserdaten

Inzwischen stellen die meisten Bundesländer umfassend Geodaten zum Thema Hochwasser frei zur Verfügung. Dabei werden unterschiedliche Zugangswege angeboten (u. a. fertige Karten, die weiterverarbeitet werden können). Darüber hinaus wird vielfach mit einem Geoportal[1] eine Viewer-Plattform für alle Geodaten des betreffenden Bundeslandes bereit gestellt.

Bundesweiter Hochwasseratlas

Für die Analyse der Niederschlagsereignisse müssen unterschiedlichste Daten herangezogen werden. Hierfür ist es z. B. notwendig, die aktuellen Durchflüsse der Fließgewässer, Niederschlagswerte sowie Niederschlagsvorhersagen für die nächsten Tage zu berücksichtigen. Der Hochwasseratlas des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) verbindet diese Datensätze mit weiteren, je nach Analysefokus differenzierten, aktuellen Informationen. Er steht jedermann, nach vorheriger Freischaltung, zur Verfügung.[2]

Kommunale Gefahrenkarten

Die meisten Städte und Gemeinden verfügen auch über eine im Internet einsehbare Starkregen...

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