Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Einkünften zwischen zwei Ausbildungsabschnitten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, die länger als vier Monate andauern, erzielten Einkünfte stehen dem Kindergeldanspruch nicht entgegen.

2. Eine Berücksichtigung als Kind mangels Ausbildungsplatz gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG kommt spätestens mit Abschluss des Berufsausbildungsvertrages nicht mehr in Betracht, auch wenn betriebsinterne oder allgemein organisatorische Erwägungen die Aufnahme der Berufsausbildung hindern.

3. EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c erfasst nur solche Jugendliche, denen es noch nicht gelungen ist, überhaupt einen Ausbildungsplatz u finden.

4. Bei der Bemessung der Länge der Übergangszeit i.S.d. EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b zwischen zwei Ausbildungsabschnitten kommt es nicht darauf an, ob der bisher als Bewerber für eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldete dem Arbeitsamt Mitteilung vom Abschluss eines Ausbildungsvertrages gemacht hat.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2b, 2c, Sätze 6-7, Abs. 6 Nr. 1a, § 63 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1997

 

Tatbestand

Strittig ist, ob dem Kläger Kindergeld für seinen 1974 geborenen Sohn A für die Monate Januar bis April 1997 und September bis Dezember 1997 zusteht.

Der Sohn des Klägers legte im Dezember 1996 die Abiturprüfung ab. Bereits am 30.09.1996 hatte er sich beim Arbeitsamt Wiesbaden zur Berufsberatung angemeldet und wurde dort als noch nicht vermittelter Bewerber für eine

berufliche Ausbildungsstelle bis zum 29.07.1997 geführt. In der Zeit vom 06.01.1997 bis 05.04.1997 absolvierte er ein Praktikum und erhielt eine Praktikantenvergütung von insgesamt 1516,68 DM.

Ende April schloß der Sohn des Klägers einen Berufsausbildungsvertrag, wonach der Beginn seiner Ausbildung zum Bürokaufmann zum 01.09.1997 feststand. Eine entsprechende schriftliche Zusage seitens des ausbildenden Betriebes hatte er bereits am 07.04.97 erhalten. Zwischen dem Ende des Praktikums und dem Beginn der Ausbildung erzielte der Sohn des Klägers aus einem nichtselbständigen Arbeitsverhältnis vom 07.04.1997 bis 31.08.1997 Einkünfte in Höhe von insgesamt 15.896,27 DM. Davon entfallen auf den Monat April 1997 2.592,-- DM. Lt. Einkommensteuerbescheid 1997 betrugen die Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in 1997 insgesamt 22.254,-- DM

Nachdem der Familienkasse diese Umstände bekannt wurden, hob sie mit Bescheid vom 15.09.1997 die Festsetzung des Kindergeldes ab 01.01.1997 auf. Sie vertrat die Auffassung, die Einkünfte des Kindes in 1997 stünden gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) der Gewährung von Kindergeld entgegen.

Mit seinem dagegen gerichteten Einspruch trug der Kläger vor, sein Sohn habe sich vom 07.04.1997 bis 31.08.1997 in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden. Da dieser mehr als vier Monate betragen habe, bestehe für diesen Zeitraum zwar kein Kindergeldanspruch, andererseits bleibe auch das in dieser Zeit erzielte Einkommen außer Ansatz. Die Rückforderung des Kindergeldes für Januar bis April 1997 und der Wegfall des Kindergeldes ab 01.09.1997 stünde mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang.

Die Familienkasse wies den Einspruch am 21.07.1998 als unbegründet zurück. Da der Sohn des Klägers beim Arbeitsamt bis zum 29.07.1997 als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle geführt worden sei, habe er die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG erfüllt. Er habe eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen können. Ab dem 01.09.1997 erfülle er die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG. Somit sei der Sohn des Klägers für das gesamte Kalenderjahr 1997 grundsätzlich als Kind im Sinne des § 32 Abs. 4 EStG berücksichtigungsfähig. Wegen der Höhe der in 1997 erzielten Einkünfte komme jedoch die Zahlung von Kindergeld nicht in Betracht.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er ist der Auffassung, sein Sohn A sei nur während der Monate Januar bis April und September bis Dezember 1997 als Kind zu berücksichtigen. Da die Einkünfte seines Sohnes in diesen Monaten weniger als 8.000,-- DM betragen hätten, stünde ihm Kindergeld für diese Monate zu. Für die Monate Mai bis August 1997 sei der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG nicht gegeben. Hiervon würden nur Kinder erfaßt, denen es trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen sei, einen Ausbildungsplatz zu finden. Sei wie bei seinem Sohn bereits ein Ausbildungsplatz fest zugesagt, beruhe die Verzögerung der Ausbildung nicht auf einem fehlenden Ausbildungsplatz, sondern auf einem aus organisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt möglichen Ausbildungsbeginn. In diesen Fällen greife § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG ein, dessen Einführung vom Gesetzgeber in der Absicht erfolgt sei, einer zu großzügigen Berücksichtigung von Warte- und Übergangszeiten entgegenzutreten. Ausbildungswillige, die längere Übergangs- oder Wartezeiten zu überbrüc...

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