Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtsveranlagung, Antragveranlagung, Fristablauf, sachliche Prüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer Antragsveranlagungen i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist dem Finanzamt auch nach Eintritt in die sachliche Prüfung der Steuererklärung nicht die Berufung auf den Fristablauf verwehrt.

2. Die Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, die nicht zur Disposition des Finanzamts steht.

 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nrn. 1, 8

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2006; Aktenzeichen VI R 50/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Kläger im Jahre 1999 eine Einkommensteuerveranlagung durchzuführen ist.

Die Kläger sind Ehegatten, die bereits in den Vorjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Da sie ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 nicht abgaben, schätzte das Finanzamt mit Bescheid vom 8. August 2001 die Besteuerungsgrundlagen. Nach Angaben der Kläger haben sie diesen Bescheid nicht erhalten. Er wurde daher vom Finanzamt als nicht wirksam bekannt gegeben behandelt und verwaltungsintern storniert.

Am 11. Januar 2002 ging die Einkommensteuererklärung 1999 beim Finanzamt ein. Darin gaben die Kläger neben den von ihnen erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit folgende weitere Einkünfte an:

Ehemann

Ehefrau

Gesamt

DM

DM

DM

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

+ 707,--

+ 707,--

Einkünfte aus Kapitalvermögen

+ 4.191,--

+ 5.776,--

Einkünfte aus Verm. Verpachtung

- 13.294,--

- 13.295,--

Sonstige Einkünfte

+ 1.725,--

Summe

- 6.674,--

- 6.812,--

- 13.486,--

Das Finanzamt nahm zunächst die Bearbeitung der Erklärung auf, indem es verschiedene Rückfragen an die Kläger richtete und wegen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Bausachverständigen einschaltete. Mit Verfügung vom 13. September 2002 lehnte die Behörde dann aber die Durchführung einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen Ablaufs der Antragsfrist ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Mit ihrer auf die Einspruchsentscheidung vom 27. November 2002 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, es handele sich gar nicht um einen Fall der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, sondern um eine Pflichtveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Im Übrigen sei dem Finanzamt nach Eintritt in die sachliche Prüfung der Steuererklärung die Berufung auf einen Fristablauf für die Antragsveranlagung verwehrt. Auch gehe es nicht um einen erstmaligen Antrag auf Veranlagung vom Januar 2002, sondern um die Änderung eines bereits erlassenen Einkommensteuerbescheides. Diesen sehen die Kläger in der Zahlungsaufforderung des Vollstreckungsbeamten vom 29. November 2001, der eine Anlage beigefügt war, die (auch) die in dem - nicht wirksam bekannt gegebenen - Schätzungsbescheid vom 8. August 2001 ermittelte Steuer für 1999 auswies.

Wegen des Vortrages der Kläger im einzelnen wird auf die am 30. Dezember 2002 eingegangene Klageschrift sowie auf den Schriftsatz vom 11. Juni 2003 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 13. September 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. November 2002 zu verpflichten, die Veranlagung zur Einkommensteuer 1999 durchzuführen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf seine Klageerwiderung vom 6. März 2003 (Blatt 23 f. Finanzgerichtsakten) wird verwiesen.

Dem Gericht haben von den für die Kläger beim beklagten Finanzamt geführten Akten zu Steuernummer xxx zwei Bände Einkommensteuerakten (1998 und 1999) vorgelegen.

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Ein Fall der Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG liegt entgegen der klägerischen Auffassung nicht vor, da die Summe der Nebeneinkünfte der Kläger, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, nicht mehr als 800,-- DM beträgt. Es ist auch kein anderer Tatbestand einer Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 2-7 EStG erfüllt.

2. Eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG kommt nicht in Betracht, weil die Kläger die dafür geltende Frist nicht eingehalten haben. Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Es handelt sich bei der Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Sie steht nicht zur Disposition des Finanzamtes, sondern ist von der Behörde und auch vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Einwand der Kläger, dem Finanzamt sei eine Berufung auf diese Frist verwehrt, geht daher fehl.

3. Unzutreffend ist auch die Argumentation der Klägerseite, es gehe nicht um die Durchführung einer Veranlagung, sondern um die Änderung eines ergangenen Verwaltungsaktes. Diese Überlegung greift schon deshalb nicht durch, weil es sich bei der Zahlungsaufforderung des Vollziehungsbeamten vom 29. November 2001 nicht um einen Steuerb...

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