Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertungsverfahren bei einem besonders ausgestatteten Siedlungshaus

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Beurteilung der Ausstattungsmerkmale kann die Verbesserung der Bauqualität und der Wohnverhältnisse in der Zeit nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt nicht unberücksichtigt bleiben, um zu beurteilen, ob sich das Objekt wesentlich von zeitgleich gebauten Objekten unterscheidet.
  2. Ist die Bauqualität und der räumliche Zuschnitt eines Hauses der mit anderen Objekten in ihrer Nachbarschaft vergleichbar und bleibt als einziges wesentliches Unterscheidungsmerkmal nur das Schwimmbad, das aber die gesamte Erscheinung des Hauses nicht entscheidend befähigt, ist das Objekt unter Anwendung des Ertragswertverfahrens zu bewerten.
 

Normenkette

BewG § 76 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 1; BewRGr Abschn. 16 Abs. 4; BewG § 78

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.01.2006; Aktenzeichen II R 12/04)

BFH (Urteil vom 11.01.2006; Aktenzeichen II R 12/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Grundstück der Klägerin im Sachwert- oder im Ertragswertverfahren zu bewerten ist und in diesem Zusammenhang über die Höhe des Einheitswerts. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Jahr 1978 hat die Klägerin in der Gemeinde B ein 867 qm großes unbebautes Grundstück erworben und es in den Jahren 1978 und 1979 mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Das Haus besteht aus zwei hintereinanderliegenden Gebäudeteilen, die beide unterkellert sind. Im größeren Vorderteil des Hauses sind die wesentlichen Wohnräume und Wirtschaftsräume der Erdgeschoss- und der Obergeschosswohnung untergebracht. Die nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss ist über eine Treppe von der gemeinsamen Diele im Erdgeschoss zu erreichen. Von dieser Diele führt auch eine Treppe in das Kellergeschoss. Die Diele führt nach Westen in den hinteren Gebäudeteil, in dem sich der etwas erhöht liegende ca. 60 qm große Wohnraum der Erdgeschosswohnung befindet. Von diesem Raum führt auch eine Tür auf die Außenterrasse. Im Inneren des Wohnraums und auf gleicher Höhe an der Außenwand zur Terrasse befinden sich jeweils offene Kamine, die mit Natursteinen verkleidet sind. Die Westseite des überhohen Wohnzimmers ist vollständig verglast und gibt den Blick frei in den relativ kleinen Garten und auf den angrenzenden Waldrand. Im Kellergeschoss unter dem Wohnzimmer liegt eine ebenfalls 60 qm große Schwimmhalle, die durch die vollständig verglaste Fensterfront zum Garten und durch eine seitlich verglaste Flügeltür beleuchtet und belüftet wird. Das vollständig geflieste Schwimmbad hat eine Wasserfläche von 26 qm; eine Sauna ist in dem Baderaum erst nach dem streitigen Stichtag eingebaut worden. Unter Einbeziehung der zur Erdgeschosswohnung gehörenden Räume im Kellergeschoss hat die Hauptwohnung eine Wohnfläche von 206 qm und die Wohnung im Obergeschoss eine Wohnfläche von 73 qm. Auf die Baupläne (Bl. 23-26 EW-A) und auf die Wohnflächenberechnung (Bl. 63 und 64 FG-A. sowie Bl. 48 EW-A) wird Bezug genommen.

Nach Fertigstellung des Gebäudes hat der Beklagte (das Finanzamt) die wirtschaftliche Einheit aufgrund der vorgelegten Pläne und einer Ortsbesichtigung auf den 01.01.1980 im Sachwertverfahren bewertet und als Grundstücksart ein Zweifamilienhaus mit einem Einheitswert von 338.600,-- DM festgestellt. Dabei hat das Finanzamt einen cbm-Preis von 206,-- DM ermittelt. Dieser Einheitswertbescheid ist bestandskräftig geworden.

Mit Schreiben vom 26.03.1999 hat die Klägerin beantragt, den Einheitswert ihres Grundstücks zu überprüfen und ihn unter Anwendung des Ertragswertverfahrens fortzuschreiben. Dabei hat sie auf ein Nachbarhaus von vergleichbarer Größe verwiesen, für das nach ihrer Kenntnis ein Einheitswert von ca. 65.000,-- DM festgestellt sei. Das Finanzamt hat den Antrag mit Verfügung vom 26.04.1999 abgelehnt und den dagegen eingelegten Einspruch mit Entscheidung vom 19.08.1999 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Bewertung ihres Grundstücks sei fehlerhaft unter Anwendung des Sachwertverfahrens erfolgt, denn ihr Haus habe von Anfang an weder über besondere Gestaltungs- noch über besondere Ausstattungsmerkmale verfügt. Das Wohnhaus sei nur mit dem Mindestabstand an die Nachbargrundstücke gebaut worden. Aus Raumgründen habe die Doppelgarage auch nur mit zwei hintereinander liegenden Stellplätzen errichtet werden können. Das Schwimmbad allein rechtfertige eine Bewertung im Sachwertverfahren nicht.

Das Gericht hat den Rechtsstreit im Einverständnis mit den Beteiligten zeitweise ruhen lassen, um den Ausgang des unter dem Aktenzeichen II R 45/99 bei dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahrens abzuwarten. Nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 07.11.2000 (BFH/NV 2001, 583) hat die Klägerin vorgetragen, dass die Verhältnisse ihres Grundstücks den Verhältnissen des vom BFH entschiedenen Falles vollständig entsprächen und dass aus diesem Grund die Bewertung auch ihres Objektes...

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