Leitsatz

Eine Gewinnausschüttung kann nur insoweit "für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr" i.S.d. § 27 Abs. 3 S. 1 KStG 1999 erfolgen, als sich aus dem Jahresabschluss für das betreffende Wirtschaftsjahr ein verteilungsfähiger Gewinn ergibt. Daran fehlt es, soweit in dem Jahresabschluss eine Rücklage für eigene Anteile gebildet worden ist, die nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in jenem Wirtschaftsjahr nicht aufgelöst werden durfte.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 3 KStG 1999

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH I, an der bis 2001 zwei Gesellschafter zu jeweils 25 % beteiligt waren. Ferner hielt die Klägerin selbst eigene Anteile i.H.v. 50 % ihres Stammkapitals. Mit Vertrag vom 28.12.2001 hat die GmbH I diese eigenen Anteile an die GmbH II abgetreten, die zuvor schon die Anteile der übrigen Gesellschafter erworben hatte und nunmehr alleinige Gesellschafterin der GmbH I war.

In ihrer am 31.08.2001 erstellten Bilanz auf den 31.12.2000 wies die GmbH I ein Eigenkapital von rd. 13,6 Mio. DM aus, das sich aus dem Stammkapital (50 000 DM), einer Rücklage für eigene Anteile (rd. 12,9 Mio. DM), einer Gewinnrücklage (rd. 700 000 DM) und einem Jahresfehlbetrag (rd. 115 000 DM) zusammensetzte. Ein Protokoll über eine Gesellschafterversammlung vom 29.12.2001 weist aus, dass die Gesellschafter in dieser Versammlung beschlossen haben, "aus dem handelsrechtlich verwendbaren Eigenkapital" der GmbH I "zum 31.12.2000 i.H.v. rd. 13,6 Mio. DM ... unter Berücksichtigung der KSt-Minderung aus dem EK 45 i.H.v. rd. 3,6 Mio. DM eine Nettodividende von rd. 16,6 Mio. DM (70 %) für das Geschäftsjahr 2000" auszuschütten. Der genannte Beschluss wurde im Jahr 2001 gefasst und die beschlossene Ausschüttung ebenfalls in 2001 vorgenommen.

Die GmbH I begehrte für 2000 im Hinblick auf die Ausschüttung eine Minderung der KSt nach Maßgabe des § 27 KStG 1999. Dem folgte das FA nicht, ebenso wenig wie anschließend das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.03.2008, 8 K 8450/05 B, Haufe-Index 1988797, EFG 2008, 1148) …

 

Entscheidung

… und auch der BFH:

Nach § 272 Abs. 4 S. 1 HGB müsse in der Bilanz eine Rücklage für eigene Anteile gebildet werden, deren Höhe sich nach dem Betrag bestimme, der dem auf der Aktivseite der Bilanz für die eigenen Anteile ausgewiesenen Betrag entspreche. Diese Rücklage dürfe nur aufgelöst werden, soweit die eigenen Anteile ausgegeben, veräußert oder eingezogen würden oder soweit nach § 253 Abs. 3 HGB auf der Aktivseite der Bilanz ein niedrigerer Betrag angesetzt werde (§ 272 Abs. 4 S. 2 HGB). An all dem fehle es im Urteilsfall aber. Weil die Rücklage für eigene Anteile deswegen nicht habe ausgeschüttet werden können, sei der Gewinnausschüttungsbeschluss nicht "für"das Wirtschaftsjahr 2000 erfolgt. Ob der Beschluss als solcher zivilrechtlichen Anforderungen standhalte oder nicht, sei so gesehen unbeachtlich.

 

Hinweis

1. Es ging um das "alte" KSt-Anrechnungsverfahren und konkret um die Herstellung der sog. Ausschüttungsbelastung (nach § 27 Abs. 1 KStG a.F.) und hierbei um die Frage, in welchem VZ die Ausschüttungsbelastung hergestellt werden muss. Das richtet sich nach § 27 Abs. 3 KStG a.F. Danach kommt es darauf an, ob die Ausschüttung auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss "für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr" beruht. Nur wenn dies der Fall ist, mindert oder erhöht sich die KSt für den VZ, in dem das Wirtschaftsjahr endet, für das die Ausschüttung erfolgt (§ 27 Abs. 3 S. 1 KStG a.F.).

2. Wann ein "den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss" vorliegt, führt immer wieder zu Streit (s. zuletzt z.B. BFH, Urteil vom 16.05.2007, I R 84/06, BFH/NV 2007, 1925). Letzten Endes orientiert der BFH sich dabei strikt an den Vorgaben des Gesellschaftsrechts und knüpft auch für § 27 KStG a.F. daran an.

3. Jedoch: Es gibt auch steuerliche Besonderheiten. Und eine solche Besonderheit ergibt sich aus dem Erfordernis, die Ausschüttung des Gewinns "für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr" zu beschließen.

Das aber – so der BFH – setzt voraus, dass "für" jenes Wirtschaftsjahr überhaupt ein entsprechend voluminierter ausschüttungsfähiger Gewinn zur Verfügung steht. Ist das nicht der Fall, weil – wie im Urteilsfall – Gewinne in Rücklagen gespeichert sind, die nicht ad hoc aufgelöst (und damit ausgeschüttet) werden können, dann scheitert die erstrebte KSt-Minderung – und zugleich die erstrebte "Mobilisierung" von KSt-Guthaben.

4. Das alles ist nur noch für "Altfälle" bedeutsam, gegenwärtiger Rechtslage nach jedoch nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.04.2009 – I R 44/08

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