Angesichts des möglichen negativen Einflusses auf die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens sind bestehende Haftungsverhältnisse im Jahresabschluss offenzulegen. Sie deuten das "Damoklesschwert" an, das über dem Unternehmen hängt, und ermöglichen dem Abschlussleser ein eigenes Urteil über das Risiko.

Rechtliche Grundlage für die Verpflichtung zur Offenlegung ist § 251 HGB. Demzufolge sind vertragliche Haftungsverhältnisse unterhalb der Bilanz (unter dem Strich) anzugeben, sofern sie nicht bereits in entsprechenden Rückstellungen oder Verbindlichkeiten berücksichtigt worden sind. Das bedeutet, dass Garantien, die sich in bereits bilanzierten Positionen finden, nicht noch einmal angegeben werden. Die Risikoposition würde sonst zweifach dargestellt, kann jedoch nur einmal eintreten. Gesetzliche Haftungen (Verkehrssicherungspflichten) sind im Übrigen nicht angabepflichtig. Kapitalgesellschaften bzw. haftungsbeschränkte Personengesellschaften gemäß § 264a HGB haben zusätzlich noch § 268 Abs. 7 HGB zu beachten, wonach eine Angabe im Anhang möglich ist (nur für diese Gesellschaften besteht das Wahlrecht), darüber hinaus aber eine weitere Aufgliederung des Vermerks erforderlich ist.

2.1 Abgrenzung zu Verbindlichkeiten und Rückstellungen

Unterliegt ein Unternehmen Haftungsverhältnissen, so ist zunächst zu überprüfen, ob die daraus resultierenden Verpflichtungen nicht als Verbindlichkeit oder als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 HGB in der Bilanz zu passivieren sind.[1]

Ein Ansatz als Verbindlichkeit setzt voraus, dass die künftigen Ausgaben im Zusammenhang mit einer Verpflichtung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach feststehen. Konkret bedeutet dies, dass der Haftungsfall bereits eingetreten und auch die Höhe sowie (drohende) Inanspruchnahme einer zu erbringenden Zahlung bereits fest bestimmt sein muss. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Unternehmen, für das gebürgt wird, einen Insolvenzantrag gestellt hat, das Insolvenzverfahren bereits abgewickelt und der Bürgschaftsfall eingetreten ist. Mit der Fälligkeit der Hauptschuld kann der Gläubiger grundsätzlich vom Bürgen die Leistung verlangen.

Stehen die Höhe sowie die Fälligkeit einer Verpflichtung gegenüber einem Dritten (Außenverpflichtung) im Zeitpunkt der Jahresabschlusserstellung noch nicht fest, mit einer Inanspruchnahme ist jedoch ernsthaft zu rechnen (Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme), muss eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 HGB gebildet werden, sofern eine wirtschaftliche oder rechtliche Verursachung vorliegt. Stellt beispielsweise ein Unternehmen, für das gebürgt wird, einen Insolvenzantrag, der Ausgang des Verfahrens ist jedoch noch ungewiss, dann ist die vorliegende Verpflichtung als Rückstellung zu passivieren.

Erfüllen Verpflichtungen aus Haftungsverhältnissen weder die Passivierungskriterien für Verbindlichkeiten noch diejenigen für Rückstellungen, dann sind diese als Eventualverbindlichkeiten bzw. Haftungsverhältnisse offenzulegen. Das Hauptabgrenzungskriterium zu den Rückstellungen bildet dabei eine zu geringe Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme, die Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt.

[1] S. Abschnitt 1.

2.2 Erforderliche Angaben und Ausweis

Während Personengesellschaften alle vorliegenden Haftungsverhältnisse zusammengefasst in einem Betrag angeben können, müssen Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften diese gemäß § 268 Abs. 7 HGB entweder unterhalb der Bilanz oder im Anhang, getrennt nach den o. g. 4 Gruppen unter Angabe der gewährten Pfandrechte und sonstigen Sicherheiten, offenlegen. Für jedes einzelne Haftungsverhältnis sind eventuell gewährte Pfandrechte oder sonstige Sicherheiten anzugeben, die das Unternehmen dem möglichen Nutznießer der Bürgschaft oder Garantie gewährt hat. Für kleine Kapitalgesellschaften bzw. Personengesellschaften i. S. d. § 264a HGB gilt § 268 Abs. 7 HGB ebenfalls, in § 274a HGB ist keine Befreiung vorgesehen. Sonstige Haftungsverhältnisse bzw. sonstige finanzielle Verpflichtungen (unter gesonderter Angabe der Verpflichtungen gegenüber verbundenen Unternehmen) sind entweder nach § 285 Nr. 3 oder Nr. 3a HGB im Anhang anzugeben.

§ 285 Nr. 27 HGB verlangt Angaben zur Einschätzung des Risikos der Inanspruchnahme, um die Transparenz des Jahresabschlusses zu erhöhen. Maßgeblich ist nicht die erwartete Inanspruchnahme aus dem Haftungsverhältnis, sondern der volle Haftungsbetrag zum Bilanzstichtag. Kann dieser nicht exakt beziffert werden (z. B. bei Gewährleistungsverträgen), so hat eine Schätzung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu erfolgen. Anzugeben ist somit – unter Würdigung der bekannten Risiken der Inanspruchnahme – aus welchen Gründen Eventualverbindlichkeiten als solche unter der Bilanz und nicht auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen werden.[1]

Ein Ausweis hat selbst dann zu erfolgen, wenn den Haftungsverhältnissen gleichwertige Rückgriffsforderungen gegenüberstehen.[2] Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Unternehmen zwar für die Schuld eines anderen Unternehmens bürgt, selbst jedoch wied...

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