Da es sich beim Wohnen um ein existentielles Grundbedürfnis handelt, ist allgemein anerkannt, dass es sich bei der Schaffung und Verfügbarmachung von ausreichendem Wohnraum um einen überragenden Gemeinwohlbelang handelt.

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zum Erbschaftsteuerrecht[1] ausgeführt, dass – bei den weiteren sich an die Bewertung anschließenden Schritten – zur Bestimmung der Steuerbelastung der Gesetzgeber Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normlenkender steuerlicher Verschonungsregelungen, berücksichtigen darf.

Im Rahmen eines dynamischen Massenverfahrens kann eine zielgenaue und normenklare Verschonungsregelung in Form eines Abschlags von der Steuermesszahl für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und das Wohneigentum[2] (Grundsteuervergünstigung) nur erfolgen, wenn bereits im außersteuerlichen Bereich eine Konkretisierung der Wohnraumförderwürdigkeit erfolgt ist. Aus diesem Grund knüpft die Grundsteuervergünstigung für den Steuergegenstand "Grundstück" an das Vorliegen eines Förderbescheids und die Einhaltung der Förderkriterien nach dem Wohnraumfördergesetz des Bundes an.

Hiervon ausgehend wird die Steuermesszahl für "qualifizierte Wohngrundstücke" um 25 % ermäßigt, wenn

  • für das Grundstück nach § 13 Abs. 3 des Wohnraumfördergesetzes[3] eine Förderzusage durch schriftlichen Verwaltungsakt erteilt wurde und
  • die sich aus der Förderzusage ergebenden Bestimmungen i. S. des § 13 Abs. 2 des Wohnraumförderungsgesetzes für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums eingehalten werden.[4]

Für nach den Wohnraumfördergesetzen der Länder geförderte "qualifizierte Wohngrundstücke" gilt Entsprechendes.[5]

Liegen die v. g. Voraussetzungen (Förderung nach dem Wohnraumgesetz des Bundes bzw. nach den Wohnraumgesetzen der Länder) nicht vor, kommt für Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften und -vereine eine Ermäßigung der Steuermesszahl um 25 % für "qualifizierte Wohngrundstücke" in Betracht, wenn das jeweilige Grundstück

  • einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, deren Anteile mehrheitlich von einer oder mehreren Gebietskörperschaften gehalten werden und zwischen der Wohnungsbaugesellschaft und der Gebietskörperschaft oder den Gebietskörperschaften eine Gewinnabführungsvertrag besteht,
  • einer Wohnungsbaugesellschaft zugerechnet wird, die als gemeinnützig im Sinne von § 52 AO anerkannt ist,
  • einer Genossenschaft oder einem Verein zugerechnet wird, der seine Geschäftstätigkeit auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b KStG genannten Bereiche beschränkt und von der Körperschaftsteuer befreit ist.[6]

Mit dieser Grundsteuervergünstigung sollen zusätzliche Investitionsanreize zur Schaffung von Wohnraum gesetzt werden und zielgenau die Bau- und Wohnungswirtschaft in denjenigen Fällen positiv beeinflussen, bei denen die günstige Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum Hauptzweck ist.

 
Wichtig

Steuervergünstigung ist antragsgebunden

Der Abschlag auf die Steuermesszahl wird in den Fällen des § 15 Abs. 4 Satz 1 GrStG auf Antrag für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt, wenn nachgewiesen wird, dass die jeweiligen Voraussetzungen am Hauptveranlagungsstichtag vorlagen.[7] Entfallen die Voraussetzungen während des Hauptveranlagungszeitraums, ist dies innerhalb von 3 Monaten nach dem Wegfall der Voraussetzungen bei dem Finanzamt anzuzeigen, das für die Festsetzung des Steuermessbetrags zuständig ist.[8] Durch diese Anzeigeverpflichtung wird sichergestellt, dass die zuständige Finanzbehörde beim Wegfall der Voraussetzungen für die ermäßigte Steuermesszahl (Steuervergünstigung) Kenntnis erlangt und dies im Wege einer Neuveranlagung[9] berücksichtigen kann.

 
Praxis-Tipp

Besondere Grundsteuervergünstigung für Baudenkmäler

Baudenkmäler umfassen oft große Grundstücksflächen mit häufig gleichzeitig vorhandenen Einschränkungen bei der Nutzung und den Refinanzierungsmöglichkeiten. Die Erhaltung von Baudenkmälern liegt im öffentlichen Interesse und ist daher zuvorderst eine Aufgabe der öffentlichen Hand. Diese im öffentlichen Interesse liegende Wahrnehmung der Aufgabe durch Private bei gleichzeitig vorliegenden Einschränkungen, die von den privaten Eigentümern im Interesse der Allgemeinheit hinzunehmen sind, werden unmittelbar bei der Erhebung der Grundsteuer[10] durch eine 10 %-ige Ermäßigung der Steuermesszahl berücksichtigt.[11]

Durch die Gewährung eines Abschlags von 10 % wird den besonderen Belangen der Eigentümer von Baudenkmälern unbürokratisch Rechnung getragen, ohne dabei in die Bewertung der wirtschaftlichen Einheiten für Zwecke der Grundsteuer einzugreifen. Eine äußerst komplexe individuelle Berücksichtigung der Denkmaleigenschaft von Baudenkmalen im Rahmen der Bewertung – und der damit einhergehende administrative Aufwand – wird vermieden.[12]

[2] Das sind die Wohngrundstücke i. S. des § 249 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BewG – "qualifizierte Wohngrundstücke".
[3] Gesetz v. 13....

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