Die folgenden Länder haben unter Anwendung der sog. Länderöffnungsklausel gem. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG eigene, gänzlich vom Bundesmodell abweichende Regelungen über die Bewertung von Grundbesitz und die Grundsteuerberechnung getroffen:

  • Baden-Württemberg,
  • Bayern,
  • Hamburg,
  • Hessen,
  • Niedersachsen.

Die abweichenden Ländermodelle sind flächenorientiert gestaltet und fußen auf dem Gedanken des Äquivalenzprinzips. Das Äquivalenzprinzip besagt – vom Grundgedanken her –, dass die Grundsteuer zur Finanzierung der den Grundbesitzern zur Verfügung gestellten kommunalen Infrastruktur dient. In Bayern spielen lagebedingte Wertunterschiede der Grundstücke keine Rolle. In Baden-Württemberg finden sie hingegen über den Einbezug der Bodenrichtwerte Eingang in die Bewertung des Grundbesitzes. Hessen und Niedersachsen wenden zur Berücksichtigung der Grundstückslage sog. Lagefaktoren an und auch das Landesmodell von Hamburg unterscheidet zwischen "normalen" und "guten" Wohnlagen und sieht für normale Wohnlagen einen Abschlag bei der Steuermesszahl vor.

Allen Ländermodellen ist gemein, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der Hauptfeststellung zum 1.1.2022 im Verhältnis zum Bundesmodell relativ wenige Angaben in der Feststellungserklärung machen muss und dass objektspezifische Gebäudemerkmale keinen Eingang in die Berechnung der Grundsteuer erhalten.

 
Wichtig

Grundvermögen versus Land- und Forstwirtschaft

Die abweichenden Regelungen betreffen nur das Grundvermögen. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, die in diesen Bundesländern belegen sind, werden grundsätzlich nach den bundesgesetzlichen Regelungen bewertet. Ggf. sind länderspezifische Details zu berücksichtigen.

Die reformierte Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Grundsteuer wird in einem separaten Beitrag dargestellt.[1]

Im nachfolgenden werden die fünf Ländermodelle im Einzelnen erläutert und näher beleuchtet.

 
Hinweis

Umfang der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens

Den Steuergegenstand der Grundsteuer bildet unabhängig von den jeweils anzuwendenden Modellen immer das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens. Was als wirtschaftliche Einheit zusammenzufassen ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung. Eine wirtschaftliche Einheit kann dabei aus mehreren Wirtschaftsgütern bestehen. Grundsätzlich können jedoch nur Wirtschaftsgüter, die demselben Eigentümer zuzurechnen sind, eine wirtschaftliche Einheit bilden.

In der Einheitsbewertung gibt es Sonderregelungen, welche den Umfang der wirtschaftlichen Einheit im Grundvermögen ausweiten bzw. einschränken. Von besonderer Bedeutung sind hier die §§ 26, 92 und 94 BewG.

  • § 26 BewG regelt für Wirtschaftsgüter die sich teils im Eigentum eines Ehegatten oder Lebenspartners und, teils im Eigentum des anderen Ehegatten oder Lebenspartners befinden, dass diese einer wirtschaftlichen Einheit zuzuordnen sind.
  • In den §§ 92 und 94 BewG ist für Erbbaurechte und Gebäude auf fremdem Grund und Boden normiert, dass immer von jeweils zwei wirtschaftlichen Einheiten auszugehen ist. Das bedeutet: Es wird bei einem Erbbaurecht jeweils für das Grundstück und das Erbbaurecht ein Einheitswert festgestellt und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden wird jeweils für das Gebäude und den Grund und Boden ein Einheitswert festgestellt.

Das reformierte Bewertungsrecht (Bundesmodell) hat die o. g. Regelungen für die Feststellung der Grundsteuerwerte nicht übernommen bzw. davon abweichende Regelungen getroffen. Das bedeutet, dass die nach § 26 BewG gebildeten wirtschaftlichen Einheiten bis zum 31.12.2028 aufzulösen sind und die Wirtschaftsgüter dem jeweiligen Eigentümer zuzurechnen und neu entstehende wirtschaftliche Einheiten nach dem Prinzip der Eigentümeridentität zu bilden sind. Für Erbbaurechte und Grundstücke mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist künftig gem. §§ 261, 262 BewG nur noch jeweils ein Grundsteuerwert festzustellen.

Diejenigen Länder, die von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht haben, sind von diesen Regelungen teilweise abgewichen. Im folgenden Beitrag wird dargestellt, was es in welchem Land zukünftig bei der Bestimmung des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit zu beachten gilt.

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