Leitsatz

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann anzunehmen ist, wenn bei dem Ankauf, der Bebauung und der Veräußerung von Grundstücken die Drei-Objekte-Grenze nicht überschritten wird (Fortführung zum BFH, Beschluss vom 10.12.2001, GrS 1/98, BStBl II 2002, 291, BFH-PR 2002, 171).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin begann im Herbst 1988, auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Gebäude mit 10 Wohnungen, 6 Garagen und 2 Carports zu errichten. Die Wohnungen wurden 1990 und 1991 fertig gestellt. Bereits Mitte 1989 teilte die Klägerin das Grundstück in 10 Wohneigentümer auf. Gleichzeitig übertrug sie schenkweise 3 Eigentumswohnungen, 2 Garagen und 1 Carport auf ihren Sohn S sowie 2 Eigentumswohnungen, 1 Garage und 1 Carport auf ihre Tochter T. 1990 und 1991 veräußerte die Klägerin von den ihr verbliebenen Einheiten 3 Eigentumswohnungen und 3 Garagen.

Das FA nahm einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin an. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger (Eheleute) hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Garagen und Carports seien als (unselbstständige) Zubehörräume nicht als eigenständige Objekte i.S. eines gewerblichen Grundstückshandels anzusehen.

Objekte, mit deren Übertragung kein Gewinn erzielt werden solle, seien grundsätzlich außer Betracht zu lassen, so dass eine Einbeziehung der auf die Kinder übertragenen 5 Objekte in einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin nur ausnahmsweise – insbesondere im Fall eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) – stattfinden könne.

Bei Vorliegen besonderer Umstände komme es aber auf ein Überschreiten der Drei-Objekte-Grenze überhaupt nicht an mit der Folge, dass sich die Klägerin schon allein durch die Veräußerung der von ihr selbst verkauften 3 Eigentumswohnungen als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt haben könnte. Ein solcher besonderer Umstand läge z.B. vor, wenn die – von den Klägern allerdings bestrittene – Behauptung des FA zuträfe, dass die Klägerin von vornherein (unbedingt) dazu entschlossen gewesen sei, die 3 Objekte in engem zeitlichem Zusammenhang mit deren Errichtung zu veräußern.

Dieser Frage werde das FG nunmehr nachzugehen haben. Ein sehr gewichtiges Indiz für das Bestehen einer von vorneherein existierenden unbedingten Veräußerungsabsicht der Klägerin bilde vor allem die Tatsache, dass die 3 Eigentumswohnungen bereits unmittelbar nach ihren jeweiligen Fertigstellungen oder gar schon in der Bauphase veräußert worden seien.

 

Hinweis

Das vorliegende Urteil betrifft den Fall, mit dem sich der Große Senat des BFH im Beschluss vom 10.12.2001, GrS 1/98 (BFH-PR 2002, 171) befasst hat. Der Große Senat hat dort entgegen der Auffassung des vorlegenden X. Senats entschieden, dass sich die Klägerin mit der Veräußerung von lediglich 3 Eigentumswohnungen nicht unabhängig von der als gewichtiges Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel wirkenden Drei-Objekte-Grenze allein nicht schon deswegen als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt habe, weil ihre Tätigkeit dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers" entsprochen habe. Vielmehr sei die Drei-Objekte-Grenze – nicht anders als in den bloßen "Durchhandelsfällen" – auch im hier vorliegenden Errichtungsfall (Bebauungsfall) zu beachten.

Andererseits hat der Große Senat dort aber betont, dass sich in besonders gelagerten Ausnahmefällen der Schluss auf einen gewerblichen Grundstückshandel auch bei einer Veräußerung von weniger als 4 Objekten gebieten könne, so etwa dann, wenn das Objekt bereits vor seiner Bebauung verkauft oder wenn es schon von vornherein auf Rechnung oder nach den Wünschen des Erwerbers bebaut werde.

Im Streitfall deutet einiges darauf hin, dass die Klägerin die 3 Eigentumswohnungen bereits vor deren (endgültiger) Fertigstellung veräußert hatte, so dass sie den ersten der vom Großen Senat genannten Ausnahmefälle verwirklichte. Wie dem auch sei – das Besprechungsurteil stellt zutreffend klar, dass die vom Großen Senat genannten Ausnahmekonstellationen nicht als abschließend gemeint seien. So könnten auch andere gewichtige Umstände eine Ausnahme von der Beachtung der Drei-Objekte-Grenze gebieten, und zwar dann, wenn sich aus diesen Umständen ergebe, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden seien. Dies treffe beispielsweise dann zu, wenn

  • das Bauvorhaben nur kurzfristig finanziert worden sei,
  • der Steuerpflichtige bereits während der Bauphase einen Makler mit dem Verkauf des Objekts beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen aufgegeben habe,
  • bereits vor der Fertigstellung des Objekts ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen worden sei,
  • der bebauende Veräußerer Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen Rahmen hinaus übernommen habe,
  • der Steuerpflichtige seine unbedingte Veräußerungsabsicht in sonstiger Weise zweifelsfrei nach außen bekundet oder dok...

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