Kommentar

Der X. Senat legt dem Großen Senat des BFH folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:

Ist die Errichtung von Wohnobjekten (im Streitfall Eigentumswohnungen) in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht und die hiermit in sachlichem sowie zeitlichem Zusammenhang stehende Veräußerung dieser Objekte unabhängig von ihrer Zahl eine gewerbliche Tätigkeit, weil diese „dem Bild eines Bauunternehmers/Bauträgers entspricht” ( Gewerblicher Grundstückshandel )?

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 29.10.1997, X R 183/96

Anmerkung

Die Vorlage läuft auf eine Einschränkung der Dreiobjektegrenze im gewerblichen Grundstückshandel hinaus. Diese Grenze hatte der BFH mit Urteil v. 9. 12. 1986, VIII R 317/82, BStBl 1988 II S. 244, eingeführt, um den Steuerpflichtigen einen sicheren Anhalt dafür zu geben, bei wievielen Veräußerungen von Grundstücksobjekten (Grundstücken, Eigentumswohnungen usw.) noch kein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen ist. Die Folgerechtsprechung ist dem gefolgt, und zwar sowohl für den bloßen Handel mit Grundstücksobjekten als auch für die Fälle „unternehmerischer Wertschöpfung”, wie sie der X. Senat nennt, nämlich die Veräußerung von bis zu drei Grundstücksobjekten, nachdem diese zuvor durch den Veräußerer errichtet bzw. grundlegend modernisiert wurden. Selbst der Große Senat hat vor kurzem die Dreiobjektegrenze gebilligt; er war allerdings mit einem Fall befaßt, in dem ein Architekt Objekte angeschafft und ohne zwischenzeitliche Wertschöpfung veräußert hatte ( BFH, Großer Senat, Beschluß v. 3.7.1995 , GrS 1/93, BStBl 1995 II S.617 unter C II 2).

Hieran knüpft der vorlegende Senat an. Er meint, jede produzierende Tätigkeit – auch die Bautätigkeit – sei typisch unternehmerisch und könne nicht Vermögensverwaltung sein. Er verweist auf sein Urteil v. 24.1. 1996, X R 255/93, BStBl 1996 II S. 303, in dem er die Errichtung und Veräußerung von zwei Supermärkten unter allgemeiner Zustimmung als gewerblich beurteilt hatte. Nicht anders verhalte es sich, wenn drei Eigentumswohnungen errichtet und veräußert würden.

Die Auffassung des X. Senats würde, wenn sie der Große Senat bestätigen sollte, zu einer Verschärfung der Rechtslage führen. Einige Bedenken sollen nicht unterdrückt werden. Der Senat möchte die „Unterscheidung zwischen Handel und Produktion nachvollziehen”. Aber auch der Handel ist etwas typisch Gewerbliches. Warum soll, ausgehend von der Auffassung des X. Senats, der bloße Handel mit drei Wohneinheiten weiterhin Vermögensverwaltung sein? Wenn die Herstellung eines Einfamilienhauses zu eigenen Wohnzwecken eindeutig Vermögensverwaltung ist – so der X. Senat unter Tz. 4a –, wird man sich mit Mißbrauchsfällen auseinandersetzen müssen. Wie steht es, wenn drei Einfamilienhäuser angeblich für die Eigennutzung von drei Familienmitgliedern errichtet, dann jedoch wegen veränderter Familiensituation veräußert werden? Hersteller ist auch, wer ein Generalunternehmen mit der Errichtung eines Gebäudes beauftragt. Ist auch ein solcher Auftraggeber Produzent i. S. der Vorlage, obwohl er selbst keinen Handschlag tut? Bei Modernisierungsmaßnahmen dürfte zwischen grundlegenden und einfachen Maßnahmen zu unterscheiden sein. Wo verläuft die Grenze? Man hat insgesamt den Eindruck, daß im Interesse einer höheren Gerechtigkeit die Praktikabilität der Steuererhebung auf der Strecke bleiben könnte.

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