Leitsatz

1. An der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bestehen keine ernstlichen Zweifel.

2. Dies gilt auch für die Gewerbesteuerpflicht einer Mitunternehmerschaft, an der neben freiberuflich tätigen Mitunternehmern eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, deren Gesellschafter und (hier) Geschäftsführer wiederum sämtlich freiberuflich tätig sind.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 2 Abs. 2 GewStG

 

Sachverhalt

An einer Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR hatte sich eine Wirtschafts- und Steuerberatungs-GmbH beteiligt (79 % der Anteile), deren Gesellschafter und Geschäftsführer ausnahmslos Freiberufler sein sollen. Das FA behandelte die GbR seither als Gewerbebetrieb und erließ GewSt-Messbescheide. Nach erfolglosem Einspruch ist Klage beim FG erhoben worden, über die noch nicht entschieden ist.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide hatte beim FG Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Beschwerde des FA statt und lehnte den Aussetzungsantrag ab.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung des FG in diesem Fall hatte für Aufsehen gesorgt. Brach sie doch mit dem bislang ehernen und in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gesetzlich ausdrücklich geregelten Grundsatz, dass die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft immer als Gewerbebetrieb gilt und damit der GewSt unterliegt. Diese Regelung ist für die Gerichte nur dann nicht verbindlich, wenn sie gegen Verfassungsrecht verstößt. Eben davon aber war das FG ausgegangen.

Der BFH hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen. Er hält die allein an die Rechtsform anknüpfende Gewerbebesteuerung für verfassungsgemäß. Der Gleichheitssatz gebiete nicht, eine GmbH von der GewSt auszunehmen, auch wenn die Tätigkeit der Gesellschaft und die ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer rein freiberuflicher Art sei. In ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung unterscheide sich die Kapitalgesellschaft maßgeblich von einer Personengesellschaft (Mindestkapital, Unabhängigkeit von Mitgliederzahl und -art). An diese Unterscheidung dürfe auch das Ertragsteuerrecht anknüpfen.

Erneut erklärt der BFH auch den zur USt ergangenen Beschluss des BVerfG vom 10.11.1999, 2 BvR 2861/93 (BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160 "Schwarzwaldklinik") für nicht auf das Ertragsteuerrecht übertragbar. Dort hatte das BVerfG es für mit dem Gleichheitssatz unvereinbar gehalten, dass eine USt-Befreiung für ärztliche Leistungen nur deswegen versagt worden war, weil ein Krankenhaus in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG die Leistungen erbracht hatte. Diese Entscheidung betrifft nach Meinung des BFH ausschließlich die USt. In dieser Auffassung sieht sich der BFH auch dadurch bestärkt, dass Verfassungsbeschwerden gegen Urteile, in denen eine Übertragung der genannten Grundsätze auf das Ertragsteuerrecht abgelehnt worden war, vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden sind.

2. Selbst wenn man mit der GewSt an die Rechtsform anknüpft, folgt daraus noch nicht zwingend, dass eine freiberuflich tätige Personengesellschaft durch die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft mit ausschließlich freiberuflicher Tätigkeit gewerblich infiziert wird. Dennoch hat der BFH immer so geurteilt und hält auch im Besprechungsfall an der bisherigen Linie fest. Ausgangspunkt dafür ist seine Überzeugung, dass die Gesellschafter einer Personengesellschaft nur dann gemeinschaftlich freiberufliche Einkünfte erzielen, wenn alle Gesellschafter die Voraussetzungen für einen Freiberufler erfüllen. Anderenfalls infiziert die dann gewerbliche Betätigung eines Gesellschafters die gesamten Einkünfte der Personengesellschaft. Wenn dies schon für natürliche Personen gilt, kann bei einer Kapitalgesellschaft als Gesellschafter der Personengesellschaft kaum anders entschieden werden, jedenfalls dann nicht, wenn man die GmbH als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform behandelt. Das aber war der Ausgangspunkt des BFH.

3. Beachten Sie, dass hier nur eine Entscheidung im summarischen Aussetzungsverfahren getroffen worden ist. Das FG wird sich im folgenden Hauptsacheverfahren die Frage stellen müssen, ob es trotz der Entscheidung des BFH an seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG festhält. Dann könnte es ggf. zu einer Vorlage des Verfahrens beim BVerfG kommen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 03.12.2003, IV B 192/03

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