Leitsatz

1. Ein Unternehmen, das kraft Satzung durch wirtschaftsberatende Tätigkeit (hier: Entwicklung eines Krankenhausfinanzierungssystems) für seine Gesellschafter und die von diesen zu verwirklichenden gemeinnützigen Zwecke tätig wird, fördert jene Zwecke nicht unmittelbar i.S.v. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO. Das gilt auch, wenn die Tätigkeit nach Maßgabe gesetzlicher Vorgaben (hier: § 17b Abs. 2 KHG) erbracht wird.

2. Die Tätigkeit einer als Hilfsperson nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AO zur Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke vom Auftraggeber eingeschalteten Körperschaft begründet mangels Unmittelbarkeit der Zweckverfolgung grundsätzlich keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit der Hilfsperson (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 15.7.1998 – Anwendungserlass zur Abgabenordnung –, BStBl I 1998, 630 i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.9.2002, BStBl I 2002, 867 zu § 57 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2).

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 51, § 52, § 55, § 57 AO, § 17b Abs. 2 KHG

 

Sachverhalt

Nach ihrem Gesellschaftsvertrag verfolgt die Klägerin – eine GmbH, an welcher im Streitjahr die Spitzenverbände der öffentlichen und privaten Krankenkassen in Deutschland beteiligt waren – ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Ihr Gesellschaftszweck, die Förderung des Gesundheitswesens sowie die Förderung von Wissenschaft und Forschung, soll insbesondere durch die Entwicklung, Errichtung und Pflege eines Vergütungssystems für die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen auf der Grundlage von Diagnosis Related Groups (DRG) nach Maßgabe des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenpflegesätze (KHG) vom 10.4.1991 (BGBl I 1991, 887) i.d.F. des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2626) erfüllt werden.

Der Gesellschaftsvertrag sieht weiter vor, dass die Klägerin selbstlos tätig ist und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Gesellschafter beziehen keine Gewinnanteile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft. Sie erhalten bei ihrem Ausscheiden, bei Auflösung der Klägerin oder bei Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurück.

Hintergrund der Gründung der Klägerin ist die mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 eingeführte Regelung in § 17b KHG. Darin wurde den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebene die Aufgabe übertragen, die Einzelheiten eines pauschalierenden Vergütungssystems für allgemeine voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen zu vereinbaren (§ 17b Abs. 2 KHG). Das System sollte nach den gesetzlichen Vorgaben ab dem 1.1.2003 zur Anwendung kommen.

Die Selbstverwaltungspartner hatten sich bereits in der "Vereinbarung über die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems nach § 17b KHG" darauf verständigt, dass die im Zusammenhang mit der Systemeinführung erforderlichen komplexen Arbeiten nur in einer strukturierten Organisationsform erledigt werden könnten. Die Vereinbarung sieht vor, dass sich die Vertragspartner zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 17b Abs. 2 KHG eines Instituts bedienen. In Vollzug dieser Vereinbarung wurde die Klägerin mit Gesellschaftsvertrag gegründet.

Das FA versagte der Klägerin die Gemeinnützigkeit wegen fehlender Selbstlosigkeit (§ 55 AO).

Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2005, 222).

 

Entscheidung

Der BFH hat das bestätigt. Anders als das FG ließ er offen, ob die Klägerin selbstlos i.S.v. § 55 AO gehandelt hat. Er entschied sich dafür, aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen, die Unmittelbarkeit der an sich gemeinnützigen Zweckverfolgung gem. § 52 AO zu verneinen.

Letztlich geht der BFH ersichtlich von der Entgeltlichkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen aus, und zwar über jenen "Systemzuschlag", zu deren Zahlung jeder Krankenhauspatient gesetzlich verpflichtet ist, um den Zwecken des § 17b KHG zu genügen. Dieser Systemzuschlag erreichte zunächst die Gesellschafter der Klägerin, er wurde jedoch an diese weitergeleitet – und entpuppte sich damit letzten Endes als Entgelt für die Erarbeitung des Finanzierungssystems. Vermutlich entspricht das der umsatzsteuerrechtlichen Lage, über die der BFH in der anhängigen Revision V R 60/05 gegen das FG Köln vom 31.8.2005 (EFG 2005, 1970) demnächst zu entscheiden haben wird.

 

Hinweis

Vergessen Sie den speziellen "Hintergrund" des Besprechungsurteils: Es betrifft Eigentümlichkeiten des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), denen in der "gemeinen" Beraterpraxis keine Bedeutung zukommt.

Beachtung verdienen jedoch die grundlegenden Äußerungen, die der BFH zu dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Merkmal der Unmittelbarkeit der Zweckverfolgung gem. § 57 AO macht. Und jenen Äußerungen kommt durchaus eine gewisse Sprengkraft zu.

1. Auch wenn eine Körperschaft eine "an sich" gemeinnützige Tätigkeit erbringt und das auch in "ordnungsge...

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