Leitsatz

Die Übertragung von Senderechten an Übersetzungen von Nachrichtensendungen in die Deutsche Gebärdensprache unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1999 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3, Anhang H Nr. 8 der 6. EG-RL, § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 3 Satz 1, § 20, § 49 Abs. 2 UrhG, § 6 Abs. 1 BGG

 

Sachverhalt

Der Kläger vereinbarte mit der Fernsehanstalt B als Auftraggeber die "Gestellung" von Simultan-Gebärdensprach-Dolmetscherinnen für Nachrichtensendungen, d.h. er verpflichtete sich gegenüber dem Sender, für die Übersetzung durch von ihm gestellte Übersetzer zu sorgen. Er übertrug B uneingeschränkt sämtliche in Zusammenhang mit der Verwirklichung des Vorhabens entstehenden oder erworbenen Urheber-, Leistungsschutz- oder sonstige Rechte.

Die Simultan-Dolmetscherinnen wiederum hatten ihre Rechte dem Kläger übertragen. Aufgrund der Besonderheiten der Gebärdensprache kann der Text nicht wörtlich übersetzt werden. Das FA meinte, die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung lägen nicht vor. Das FG gab dem Kläger Recht.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen. Der Kläger hatte zur Erfüllung eigener Verpflichtungen von den Urheberinnen, den Dolmetscherinnen, Senderechte (§ 20 UrhG) erworben und diese an B weiter übertragen. Dies gab der einheitlichen Leistung des Klägers das Gepräge.

 

Hinweis

Begünstigt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG sind die Einräumung (durch vertragliche Bestellung) und Übertragung von Verwertungsrechten, die aus dem Urheberrecht abgeleitet werden – z.B. an Filmwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG) – durch den Urheber oder den Nutzungsberechtigten an Dritte (z.B. an Verleger oder Verwertungsgesellschaften). Das Urheberrecht als solches hingegen ist grundsätzlich nicht übertragbar (§ 29 Satz 2 UrhG). Auch Übersetzungen eines Werks, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbstständige Werke geschützt (§ 3 Satz 1 UrhG).

Der Umsatz unterliegt dagegen dem regelmäßigen Steuersatz, wenn der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs nicht auf die Verwertung des Werks, sondern nur auf seine Anwendung durch den Leistungsempfänger gerichtet ist. Ob das der Fall ist, ist anhand der tatsächlichen Umstände zu prüfen.

Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 UrhG insbesondere das Senderecht (§ 20 UrhG), d.h. das Recht, das Werk durch Funk wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (§ 20 UrhG).

Eine Nachrichtensendung erschöpft sich nicht in der bloß schematischen Aneinanderreihung von Lichtbildern, sondern ist durch die Auswahl, Anordnung und Sammlung des Stoffs sowie durch die Art der Zusammenstellung der einzelnen Bildfolgen Ergebnis individuellen Schaffens und daher ein "Filmwerk" i.S.d. Urheberrechts. Zwar erlaubt § 49 Abs. 2 UrhG die zustimmungs- und vergütungsfreie Übernahme von vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts und von Tagesneuigkeiten. Übernommen werden darf jedoch nur die Nachricht, aber keinerlei inhaltliche Erläuterung.

Auch die Übersetzung geschützter Werke genießt i.d.R. als eine eigenschöpferische Leistung des Übersetzers urheberrechtlichen Schutz. Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist als eigenständige Sprache anerkannt.

Dass ein Simultandolmetscher nur kurze Überlegungszeit hat, schließt die Annahme einer eigenschöpferischen Leistung nicht – wie die Finanzverwaltung meinte – aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.8.2005, V R 42/03

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