Rz. 38

Für die Bewertung von Transferpaketen im Rahmen von Funktionsverlagerungen gibt § 1 Abs. 3b Satz 1 ein eigenständiges steuerliches Bewertungsverfahren vor,[1] wenn der Wert des Transferpakets nicht aus zuverlässigen Vergleichswerten abgeleitet werden kann. Dieses Bewertungsverfahren basiert auf der Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs und erfordert die Ermittlung eines Einigungsbereichs. Hierzu ist für das verlagernde Unternehmen der Mindestpreis und für das übernehmende Unternehmen der Höchstpreis für das Transferpaket zu ermitteln. Ein dadurch entstehender Einigungsbereich (Mindestpreis = Preisuntergrenze des Verkäufers und Höchstpreis = Preisobergrenze des Käufers) wird von den Gewinnerwartungen (Gewinnpotenzialen) bestimmt. Die Preisuntergrenze des Einigungsbereichs gem. § 1 Abs. 3a Satz 5 AStG ergibt sich nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FVerlV „aus dem Ausgleich für den Wegfall oder die Minderung der finanziellen Überschüsse zuzüglich der gegebenenfalls anfallenden Schließungskosten“, wobei der Barwert maßgebend ist (§ 6 Abs. 1 Satz 2 FVerlV). Die Preisobergrenze des Einigungsbereichs gem. § 1 Abs. 3a Satz 5 AStG bestimmt sich nach § 6 Abs. 4 FVerlV als „Barwert der zu erwartenden finanziellen Überschüsse des übernehmenden Unternehmens aus der übernommenen Funktion“. Nach § 1 Abs. 3a Satz 6 AStG hat der Steuerpflichtige den „Mittelwert des Einigungsbereichs zugrunde zu legen, wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft macht, das ein anderer Wert innerhalb des Einigungsbereichs dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.“ Wird m.a.W. kein anderer Wert glaubhaft gemacht, kommt der Mittelwert zum Ansatz.

 

Rz. 39

Einzelne Bewertungsschritte

Das eigenständige steuerliche Bewertungsverfahren für Transferpakete ist folglich durch 3 Bewertungsschritte gekennzeichnet:

  • die Ermittlung der Preisuntergrenze des Verkäufers,
  • die Ermittlung der Preisobergrenze des Käufers/Übernehmers und
  • die Aufteilung des Einigungsbereichs.

Kein betriebswirtschaftliches Bewertungsverfahren bildet dieses spezifische steuerliche Bewertungsverfahren konkret ab. Soweit nach IDW S 1 und IDW S 5 Bewertungsverfahren für Einigungswerte angesprochen werden, sind die Modalitäten zwischen den Parteien frei verhandelbar.[2] Insofern können allgemein anerkannte Bewertungsverfahren und -grundsätze nur insofern herangezogen werden, als sie den gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 3 AStG und der Funktionsverlagerungsverordnung entsprechen. Im Einzelnen ergeben sich die Bewertungsparameter und -prämissen aus § 1 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 und Abs. 3a AStG sowie der Funktionsverlagerungsverordnung, konkret aus den §§  bis 7 FVerlV.

 

Rz. 40

Anwendung kapitalwertorientierter Verfahren

§ 1 Abs. 3 Satz 7 AStG bestimmt, dass der hypothetische Fremdvergleich „unter Beachtung des Absatzes 1 Satz 3 aus Sicht des Leistenden und des jeweiligen Leistungsempfängers anhand ökonomisch anerkannter Bewertungsmethoden durchzuführen“ ist. Der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass der hypothetische Fremdvergleich zwar auf dessen Kern, nämlich ökonomisch fundiertes Nachdenken zurückgeführt, letztlich jedoch unverändert auf die Anwendung ökonomisch anerkannter Bewertungsmethoden begrenzt wird.[3] Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG sind solche „ökonomisch anerkannte Bewertungsmethoden“ insbesondere Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Methoden, die auf innerbetrieblichen Planrechnungen beruhen.[4] Insofern ist ungeachtet dessen, dass weder § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG noch § 1 Abs. 3a Satz 5 AStG Anforderungen an die Grenzpreisermittlung enthält, die mit § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG a. F. vergleichbar sind, die Ermittlung eines Kapitalwerts erforderlich. So wird nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG die Anwendung von auf Einkünften beruhenden Bewertungsmethoden, vor allem solchen, die auf der Berechnung des abgezinsten Werts prognostizierter zukünftiger Einnahmeströme bzw. Cashflows basieren, als „hilfreich“ erachtet.[5]Dementsprechend stellen § 6 Abs. 1 Satz 2 FVerlV bezogen auf die Preisuntergrenze und § 6 Abs. 4 Satz 1 FVerlV bezogen auf die Preisobergrenze jeweils auf den Barwert ab.

Die Ermittlung hat aus zweierlei Perspektiven zu erfolgen, nämlich aus Sicht des verlagernden wie auch aus derjenigen des übernehmenden Unternehmens. Hierbei treten dieselben Aspekte in den Vordergrund, die die Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter und die Unternehmensbewertung prägen:[6]

  • Isolierung und Prognose der künftigen, dem Transferpaket zurechenbaren Gewinne,
  • Ermittlung der Nutzungsdauer des Transferpakets und
  • Ableitung eines angemessenen Kapitalisierungszinssatzes.
[1] Siehe hierzu im Einzelnen auch die Stellungnahme des IDW zur Bewertung von Transferpaketen im Rahmen der Besteuerung von Funktionsverlagerungen, FN-IDW 2011, S. 592 ff.
[2] Vgl. IDW S 5 i. d. F. 2010, Tz. 53.
[3] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 S. 72.
[4] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 S. 72.
[5] Vgl. BT-Drucks. 19/27632 S. 72.
[6] Vgl. IDW S 5 i. d. F. 2010, WPg Supplement 3/2010, 109, Tz. 24 ff.; BMF, Schrei...

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