Rz. 164

Sofern das Besitzunternehmen in das Handelsregister (auch freiwillig) eingetragen ist oder es ohne Eintragung in das Handelsregister ein Handelsgewerbe betreibt, ist es nach Maßgabe der §§ 238ff. HGB i. V. m. § 140 AO buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Erfüllt das Besitzunternehmen nicht die Kriterien für ein kaufmännisches Gewerbe, ist es handelsrechtlich nicht zur Rechnungslegung verpflichtet. Eine Pflicht zur Bilanzierung und Führung von Büchern kann sich in derartigen Fällen aus § 141 AO ergeben, wenn die dort normierten Schwellenwerte überschritten werden. Dies sind Umsatzerlöse (derzeit 600.000 EUR p. a.) und Gewinn (derzeit 60.000 EUR p. a.). Die Schwellenwerte sind alternativ und nicht kumulativ zu prüfen.[1]

Da es sich bei Besitz- und Betriebsunternehmen um zwei zivil- und steuerrechtlich getrennte Unternehmen handelt (Rz. 2), ist der Gewinn des Besitzunternehmens eigens zu ermitteln. Die Gewinnermittlung erfolgt dabei (grundsätzlich) durch Betriebsvermögensvergleich.[2]

 

Rz. 165

Soweit weder eine Pflicht zur Buchführung und Bilanzierung nach Handelsrecht noch nach § 141 AO besteht (Rz. 164), ist str., ob die Gewinnermittlung abweichend von den Bilanzierungsgrundsätzen nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgen kann. In diesem Zusammenhang wird kontrovers diskutiert, ob sich über die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten aus §§ 238ff. HGB i. V. m. § 140 AO bzw. aus § 141 AO hinaus, eine solche für das Besitzunternehmen bereits aus § 140 AO ergeben kann.[3] Von der (wohl) überwiegenden Literaturmeinung[4] wird dies bejaht. Bei der Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 141 AO sind allein die Verhältnisse des Besitzunternehmens maßgebend[5]; eine Zusammenrechnung mit den Werten der Betriebsgesellschaft scheidet aus, da es sich bei dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen um zwei zivil- und steuerrechtlich getrennte Unternehmen handelt (Rz. 2).

 

Rz. 166

Ein allgemeiner Grundsatz zu einer durchgängig korrespondierenden Bilanzierung bei Besitz- und Betriebsunternehmen besteht nicht[6], da die Betriebsaufspaltung nicht zur Bildung einer wirtschaftlichen Einheit führt (Rz. 2), sodass es in Einzelfällen zu betragsmäßig abweichenden Bilanzansätzen kommen kann (Rz. 168).

 

Rz. 167

Ansprüche auf künftige Gewinnausschüttungen gegen die Betriebskapitalgesellschaft rechtfertigen auch bei einer Betriebsaufspaltung keine phasengleiche Aktivierung bei der Besitzunternehmung.[7]

 

Rz. 167a

Nach Ansicht des BFH[8] soll eine Aktivierung einer Dividendenforderung vor Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses ausnahmsweise dann und insoweit angenommen werden können, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen.[9] Unter diesen Voraussetzungen ist es denkbar, dass eine Dividendenforderung als Wirtschaftsgut (Vermögensgegenstand) nicht erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern bereits am Bilanzstichtag entsteht.

Es liegt im Interesse der Rechtssicherheit, dass diese Prüfung nur anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretenden Kriterien vorgenommen wird. Die Kriterien müssen sich sowohl auf den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn als auch auf die feste Ausschüttungsabsicht der Gesellschafter beziehen. Sie müssen einen sicheren Schluss zulassen und können weder unterstellt noch vermutet werden. Können sie nicht nachgewiesen werden, trägt die objektive Beweislast derjenige, der sich zu seinen Gunsten auf eine phasengleiche Aktivierung beruft.

 

Rz. 167b

Obgleich der grundsätzlich nicht zulässigen phasengleichen Gewinnvereinnahmung kann eine solche dennoch durch Vornahme einer Vorabausschüttung (faktisch) erreicht werden.[10] Diese zulässige Gestaltungsmöglichkeit bietet sich etwa dann an, wenn es gilt, einen ggf. vorhandenen Verlustvortrag des Besitzunternehmens auszugleichen. In diesem Fall kann allerdings ein gewisses Restrisiko bestehen, dass der vorab ausgeschüttete Betrag nach Erstellung des Jahresabschlusses teilweise zurückgefordert werden muss, sofern der ausschüttungsfähige Gewinn tatsächlich geringer ausfällt.[11]

 

Rz. 167c

Ermittelt das Besitzunternehmen seinen Gewinn (ausnahmsweise) nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG als Einnahmenüberschussrechnung (Rz. 164f., Rz. 232), gelten abweichend vom Zuflussprinzip des § 11 EStG, die Grundsätze in H 20.2 "Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen" EStH 2021, wonach es i. d. R. auch in diesen Fällen zu einer Erfassung der Ausschüttung im Jahr des Ausschüttungsbeschlusses kommt, da bei der Betriebsaufspaltung regelmäßig von einem beherrschenden Gesellschafter beim Besitzunternehmen auszugehen ist.

 

Rz. 168

Es ist bisher ungeklärt, ob hinsichtlich der Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem die Betriebsaufspaltung begründenden Nutzungsüberlassung...

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