Rz. 104

Sofern die Betriebskapitalgesellschaft einen oder mehrere nicht an der Besitzunternehmung beteiligte Gesellschafter hat, ist Beherrschungsidentität regelmäßig gegeben, wenn die Doppelgesellschafter zusammen (Personengruppe) über die Anteilsmehrheit und damit über die (einfache) Mehrheit der Stimmrechte an der Betriebs-GmbH verfügen (Rz. 77); auf die konkrete Ausübung der Beherrschung kommt es hierbei nicht an, es reicht bereits die Möglichkeit zur Beherrschung aus (Rz. 81). Entsprechendes gilt bei Vorliegen einer dem Mitbestimmungsgesetz unterliegenden AG.[1] Auf die Höhe des individuellen Anteilsbesitzes der Doppelgesellschafter kommt es dabei nicht an.[2] Nicht erforderlich ist, dass der Mehrheitsgesellschafter auch gleichzeitig Geschäftsführer ist.[3]

 
Praxis-Beispiel

Personelle Verflechtung und Nur-Betriebsgesellschafter

 
Gesellschafter Besitzgesellschaft Betriebsgesellschaft
A 40 % 20 %
B 30 % 20 %
C 30 % 20 %
D 0 % 40 %

D ist nur an der Betriebs-, nicht aber auch an der Besitzgesellschaft beteiligt ("Nur-Betriebsgesellschafter"). Nach der Personengruppentheorie ist eine personelle Verflechtung gegeben, da die Personen A, B und C eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe bilden, die mit mehr als 50 % sowohl an der Betriebs- als auch an der Besitzgesellschaft beteiligt ist.

 

Rz. 105

Beherrscht ein Besitzunternehmer die Betriebskapitalgesellschaft in der Weise, dass er zwar über die einfache Stimmrechtsmehrheit, nicht jedoch über die im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene qualifizierte Mehrheit verfügt, er aber als Gesellschafter-Geschäftsführer die Geschäfte des täglichen Lebens beherrscht und ihm die Geschäftsführungsbefugnis, vom Fall der Aberkennung aus wichtigem Grund abgesehen, nicht gegen seinen Willen entzogen werden kann, liegt personelle Verflechtung vor.[4] Vgl. hierzu auch Rz. 106 (analog bei Vorliegen des Einstimmigkeitsprinzips). Dies voraus gestellt, ist festzuhalten, dass sich eine Einstimmigkeitsabrede bzw. das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit in der Betriebs-GmbH nicht in jedem Fall eignen, um eine Betriebsaufspaltung zu vermeiden.

 

Rz. 106

Dagegen wird ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille verneint, wenn die Geltendmachung von Minderheitsrechten der Mitgesellschafter der Betriebs-GmbH oder tatsächliche wirtschaftliche Zwänge einem einheitlichen wirtschaftlichen Betätigungswillen entgegenstehen.[5] Hiervon ist z. B. auszugehen, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Betriebs-GmbH abweichend von § 47 Abs. 1 GmbHG das Einstimmigkeitsprinzip enthält. In einem solchen Fall kann bereits das Vorliegen einer lediglich minimalen Beteiligung eines Nur-Betriebsgesellschafters die personelle Verflechtung verhindern. Allerdings hat der BFH für den Fall, dass der Gesellschaftsvertrag der Betriebs-GmbH das Einstimmigkeitsprinzip vorsieht, eine personelle Verflechtung dann für gegeben angesehen, wenn die Doppelgesellschafter und Geschäftsführer, die zugleich das Besitzunternehmen beherrschen, die das Nutzungsverhältnis betreffenden Rechtshandlungen ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung vornehmen können und die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführer nicht gegen den Willen der Doppelgesellschafter abberufen kann.[6] In diesem (besonderen) Fall wird man wohl von einer faktischen Beherrschung (Rz. 134ff.) durch die an beiden Unternehmen mehrheitlich beteiligten Doppelgesellschafter ausgehen müssen.[7]

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