Rz. 73

Behandlung beim Nutzungsberechtigten

Auch für den unentgeltlich bestellten Nießbrauch ist die Tatbestandsverwirklichung für die Einkünftezurechnung das entscheidende Kriterium. Im Falle der Tatbestandsverwirklichung erzielt der Nießbraucher im Falle der Vermietung also Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

 

Rz. 74

AfA auf das genutzte Gebäude stehen ihm nicht zu, da er weder Anfschaffungs- noch Herstellungskosten getragen hat[1]. Auf unentgeltlich erworbene Nutzungsrechte läßt die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Abschreibung ebenfalls nicht zu[2]. Auch § 11d Abs. 1 EStDV kommt nach Auffassung des BFH nicht in Betracht, da der Nießbraucher hinsichtlich des Nutzungsrechts nicht Rechtsnachfolger des Eigentümers ist[3].

 

Rz. 75

Diese Auffassung wird vielfach in der Literatur[4] und auch in der erstinstanzlichen Finanzrechtsprechung[5] abgelehnt. Dies wird mit einer analogen Anwendung des § 11d EStDV begründet. Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei der unentgeltlich dinglich Nutzende dem Rechtsnachfolger i.S. des § 11d EStDV gleichzustellen. Der BFH (BStBl II 1982, 454) hat die analoge Anwendung des § 11d EStDV allerdings abgelehnt, da der Nießbraucher weder Rechts­nachfolger des Eigentümers sei, noch der Eigentümer Anschaffungs- oder Her­stellungskosten für das Wirtschaftsgut "Nutzungsmöglichkeit" aufgewendet habe. Befürworter des objektiven Nettoprinzips kommen zur AfA-Zuständigkeit des Zuwendungsnießbrauchers auch ohne analoge Anwendung des § 11d EStDV[6].

 

Rz. 76

Von den Herstellungskosten für in Ausübung des Nießbrauchs eingebaute Anlagen und Einrichtungen i.S. des § 95 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Nießbraucher AfA in Anspruch nehmen. Dies gilt auch für erhöhte AfA, z. B. nach § 82a EStDV. Dieser auch in Rz. 19 des 3. Nießbrauchserl. v. 24.7.1998 (a.a. O.) vertretenen Auffassung ist zuzustimmen. In der Rechtsprechung ist nämlich seit langem anerkannt, daß Baumaßnahmen auf fremdem Boden, die aufgrund eines eingeräumten Nutzungsrechts vorgenommen werden, vom Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder freiem Beruf wie materielle Wirtschaftsgüter mit ihren Herstellungskosten zu aktivieren sind, obwohl der Sache nach ein immaterielles Wirtschaftsgut zugrunde liegt.

 

Rz. 77

Andere laufende Kosten kann der Nutzungsberechtigte im Vermietungsfall abziehen, soweit er sie im Rahmen der Nießbrauchsbestellung vertraglich übernommen und tatsächlich oder — bei Fehlen einer vertraglichen Regelung — aufgrund der gesetzlichen Lastenverteilung getragen hat. Die Lastenverteilung kann zwischen den Vertragspartnern also nicht von Fall zu Fall schuldrechtlich neu geregelt werden, sondern muß im Zusammenhang mit der Bestellung des Nießbrauchs vereinbart sein oder später mit Wirkung für die Zukunft durch eine Neuregelung ersetzt werden[7]. Eine von den gesetzlichen (Nießbrauchs-)Bestimmungen abweichende Vereinbarung unter nahen Angehörigen zur Übernahme von Aufwendungen auf das Nießbrauchsgut ist der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn sie u. a. klar und eindeutig getroffen und tatsächlich durchgeführt worden ist[8].

Bei einer Verteilung größeren Erhaltungsaufwands nach § 82b EStDV kann der Nutzungsberechtigte den noch nicht berücksichtigten Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Beendigung des Nießbrauchs abziehen, falls der Nießbrauch vor Ablauf des Verteilungszeitraums endet[9].

 

Rz. 78

Behandlung beim Eigentümer

Einkünfte aus dem nießbrauchsbelasteten Grundstück bzw. Grundstücksteil sind dem Eigentümer nicht zuzurechnen, da der Nutzungsberechtigte neuer Quelleninhaber ist. Ohne Einkunftsquelle steht dem Eigentümer aber auch kein Werbungskostenansatz — inkl. AfA — zu[10]. Dem Gedanken einer Anerkennung zivilrechtlich zu tragender Aufwendungen des Eigentümers als sogenannte vorweggenommene Werbungskosten steht der BFH ablehnend gegenüber. Der BFH ist der Meinung, daß auch ein hohes Lebensalter des Nutzungsberechtigten die Annahme vorweggenommener Werbungskosten nicht rechtfertigt. Allenfalls die persönliche Lebenserwartung des Nutzungsberechtigten könne eine Überprüfung der Aufwendungen des Eigentümers unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten rechtfertigen[11].

Nach Auffassung des BFH scheidet auch die Annahme einer dauernden Last aus, da keinem Berechtigten Geld- oder Sachleistungen zufließen würden und auch kein Beteiligter von einer eigenen Verpflichtung freigestellt werde, wenn Eigentümer oder Nutzungsberechtigter ihren Verpflichtungen aus dem Nutzungsrechtsbestellungsvertrag nachkämen[12].

 

Beispiel:

A bestellt seinem minderjährigen Sohn Max ein Nutzungsrecht an einem aus drei Mietwohnungen bestehenden Mietshaus. Ein Pfleger wird bestellt, den Mietern wird das Nutzungsrecht angezeigt, und der Mietzins wird auf ein Konto des Sohnes überwiesen. Der Nießbrauch ist wirksam bestellt und tatsächlich durchgeführt. AfA können weder von Vater A noch von dem nutzungsberechtigten Sohn vorgenommen werden (vgl. BFH v. 13.5.1980, a.a. O.).

[1] Vgl. zuletzt BFH...

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