Rz. 101

Das ertragsteuerliche Betriebsvermögen umfasst neben dem Gesamthandsvermögen – dem Vermögen der GmbH & Co. selbst – auch diejenigen Vermögenswerte der Gesellschafter, die der GmbH & Co. dienen (Sonderbetriebsvermögen I). Dazu zählen nach der Rspr. selbst solche Wirtschaftsgüter, die beim Gesellschafter aus anderen Gründen und an anderer Stelle schon gewerbliches Betriebsvermögen bilden und in eine andere Gewinnermittlung einzubeziehen wären. In diesen Fällen der sog. Bilanzierungskonkurrenz müssen sie aus der eigenen Steuerbilanz herausgelöst und in die Steuerbilanz der GmbH & Co. übernommen werden. Diese Regelung gilt selbst für eine Kapitalgesellschaft als Mitunternehmer und damit auch für die Komplementär-GmbH.[1] Sie hat zwar keine Auswirkungen auf die handelsrechtliche Bilanz, die selbstverständlich eigene Vermögenswerte ausweisen muss, modifiziert aber nachdrücklich den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG.

 

Rz. 102

Mit der Einbeziehung fremder Wirtschaftsgüter in die Bilanz und Gewinnermittlung einer GmbH & Co. ist zwingend das Weglassen eigener Vermögenswerte aus der eigenen Bilanz des gewerblichen Mitunternehmers verbunden.

 
Praxis-Beispiel

Folge der Einbeziehung fremder Wirtschaftsgüter in die Bilanz und Gewinnermittlung einer GmbH & Co.

An der A-GmbH & Co. KG sind als Komplementär die A-GmbH und als Kommanditisten die Kaufleute B und C beteiligt. Der Betrieb der A-GmbH & Co. KG wird auf einem Grundstück, das von der D-GmbH gepachtet wird, unterhalten. Später tritt die D-GmbH als zusätzlicher Kommanditist in die A-GmbH & Co. KG ein.

Mit dem Zeitpunkt des Eintritts wird das Grundstück der D-GmbH zu Sonderbetriebsvermögen bei der A-GmbH & Co. KG. Es erfolgt eine Umbuchung der Werte des Sonderbetriebsvermögens in der Bilanz des gewerblichen Mitunternehmers (Abgang der materiellen Wirtschaftsgüter – Zugang der KG-Beteiligung). Das Herauslösen des Grundstücks aus der eigenen Gewinnermittlung der D-GmbH bewirkt keine Entnahme, da der Bereich des inländischen gewerblichen Betriebsvermögens nicht verlassen wird.

 

Rz. 103

Die in Rz. 101 genannte Rspr. des BFH[2] bedeutete eine Abkehr von jahrelang geübter und allgemein anerkannter Praxis, die vor allem im Mitunternehmer-Erlass zum Ausdruck gekommen war.[3] Sie wurde von der Finanzverwaltung nachvollzogen.[4] Allerdings hat der BFH[5] seine Auffassung nochmals geändert und im Verhältnis zwischen Schwester-Personengesellschaften der zivilrechtlichen Zurechnung und nicht der effektiven Nutzung den Vorrang gegeben:

  • Aus den Urteilen v. 16.6.1994 und v. 22.11.1994 ergibt sich, dass die Wirtschaftsgüter, die eine gewerblich tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft an eine ganz oder teilweise personenidentische Personengesellschaft (Schwestergesellschaft) vermietet, zum Betriebsvermögen der vermietenden Personengesellschaft und nicht der nutzenden Personengesellschaft gehören.[6].Diese Rechtsgrundsätze gelten auch, wenn die leistende Gesellschaft eine gewerblich geprägte atypisch stille Gesellschaft ist.[7]
  • Der BFH[8] hat unter Aufgabe der bisherigen Rspr. schließlich die Auffassung vertreten, bei einer Betriebsaufspaltung habe die Qualifikation des überlassenen Vermögens als Betriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft sowie der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte aus der Verpachtung als Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebspersonengesellschaft.[9]

Aus dieser Rspr. ergeben sich steuerliche Gestaltungsspielräume. Sie ermöglicht z. B. die Vorab-Ausgliederung von wesentlichen Betriebsgrundlagen aus dem Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft in das Betriebsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft (z. B. Schwester-Personengesellschaft), um in Anwendungsfällen des UmwStG eine (Mit-)Einbringung vermeiden zu können.[10]

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