Rz. 4

Nach § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG besteht ein Kindergeldanspruch, wenn ein Elternteil im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Territorialprinzip). Sind diese territorialen Voraussetzungen nur für einen Teil des Jahres erfüllt, besteht nur für die entsprechenden Monate ein Kindergeldanspruch. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes oder eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland obliegt dem Elternteil. Erforderlich ist insbesondere, dass er darlegt und beweist, wann er im Inland gewesen ist.[1] Nach § 63 Abs. 1 S. 6 EStG erfordert der Anspruch auch hinsichtlich der Kinder grundsätzlich die entsprechenden territorialen Voraussetzungen. Das Kind selbst ist grundsätzlich nicht anspruchsberechtigt. An das Kind selbst kann das Kindergeld nach dem EStG nur in den Sonderfällen des § 74 EStG oder bei Pfändung durch das Kind nach § 76 EStG ausgezahlt werden. Die Anspruchsberechtigung deckt sich grundsätzlich mit der unbeschränkten Stpfl. i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG (s. § 1 EStG Rz. 15ff.). Bei Ausländern müssen zusätzlich die besonderen aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG vorliegen.

Für die Begriffe des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts ist auf die Legaldefinitionen gem. §§ 8, 9 AO zurückzugreifen.[2] Ein Wohnsitz setzt neben dem Innehaben einer Wohnung, d. h. der Möglichkeit, über sie tatsächlich verfügen zu können, zusätzlich voraus, dass sie ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit genutzt wird. Allein die Vorhaltung einer Wohnung im Inland und die zweimalige Nutzung im Jahr für 2 bis 3 Wochen reicht nicht aus.[3] Der steuerliche Wohnsitzbegriff ist objektiviert, d. h. er stellt nicht auf subjektive Momente oder Absichten, sondern auf die tatsächlichen Gegebenheiten ab. Entscheidend ist daher das Halten einer Wohnung u. U., die darauf schließen lassen, dass der Wohnungsinhaber die Wohnung innehaben und benutzen wird. Es müssen mindestens zum Wohnen geeignete Räumlichkeiten vorhanden sein, über die der Stpfl. tatsächlich verfügen kann.[4]

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich u. U. aufhält, der erkennen lässt, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 9 S. 1 AO). Ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten ist stets von Beginn an als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen (§ 9 S. 2 AO). Kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Aufenthalte zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken, die nicht länger als ein Jahr dauern, begründen keinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 S. 3 AO). Bei mehreren kurzfristigen Aufenthalten ist für den Sechs-Monats-Zeitraum entscheidend, ob ursprünglich ein mehr als 6 Monate dauernder Aufenthalt im Inland geplant war.[5] Da eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt nur an einem Ort haben kann, wird der bisherige gewöhnliche Aufenthalt mit der Begründung eines anderen gewöhnlichen Aufenthalts beendet.[6] Grenzgänger haben nicht schon deshalb einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, weil sie sich während der Arbeitszeit im Inland aufhalten.[7]

 

Rz. 5

§ 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gewährt einen Anspruch auf Kindergeld auch demjenigen, der ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt stpfl. ist (erweiterte unbeschränkte Stpfl. der deutschen Auslandsbediensteten, insbesondere der Mitglieder einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung, und ihrer Haushaltsangehörigen, s. § 1 EStG Rz. 47ff.). Voraussetzung ist, dass diese Personen im Ausland lediglich in einem der beschr. ESt-Pflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden. Anspruchsberechtigt sind nur Personen, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen. Daran fehlt es, wenn ein Arbeitnehmer während eines Auslandsaufenthalts von einer ausl. oder supranationalen Organisation oder von privater Seite bezahlt wird oder wenn er unter Wegfall seiner Bezüge beurlaubt ist und auf privatrechtlicher Basis bezahlt wird. Bei Auslandslehrkräften kann die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG gegeben sein; hier kommt es auf die Regelungen der einzelnen Staaten an.[8]

Anders als bei Grenzeinpendlern (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG; s. Rz. 6) braucht das Kind nicht in einem EU-/EWR-Staat zu leben (§ 63 Abs. 1 S. 6 EStG).

 

Rz. 6

Nach § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG haben Anspruch auf steuerrechtliches Kindergeld auch die Personen, die ohne einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt stpfl. behandelt werden (erweiterte oder auch fiktive unbeschränkte Stpfl. der Grenzeinpendler, s. § 1 EStG Rz. 39ff.). Die inländischen Einkünfte i. S. v. § 49 EStG müssen im Kj. mindestens zu 90 % der deutschen ESt unterliegen, oder die nicht der deutschen ESt unterlieg...

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