Rz. 378

Die Bewertung von Entnahmen ist je nach dem Gegenstand der Entnahme unterschiedlich: § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG geht von der Entnahme von Wirtschaftsgütern aus[1], die grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten sind.

Im Fall der Überführung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte unter Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG fordert § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG dagegen die Bewertung der Entnahme mit dem gemeinen Wert bzw. im Fall der Verstärkung des deutschen Besteuerungsrechts, also z. B. bei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einer ausl. Anrechnungsbetriebsstätte in eine inländische Betriebsstätte, auf Antrag dem Wert, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde gelegt hat; die Doppelbesteuerung kann in diesen Fällen regelmäßig durch eine Anrechnung der ausl. Steuer nach § 34c EStG vermieden werden. Verzichtet der Stpfl. auf die Antragstellung, wird der bisherige Buchwert fortgeführt. Dadurch wird zwar eine fiktive Entnahme (aus der Anrechnungsbetriebsstätte) und mithin eine inländische Besteuerung der stillen Reserven vermieden, jedoch werden etwaige stille Reserven im Inland ohne Beschränkung steuerverhaftet, sodass bei einer späteren Besteuerung dieser stillen Reserven die darauf bereits gezahlte ausl. Steuer nicht mehr angerechnet werden kann.[2] Entnahmen im Zuge einer Betriebsaufgabe sind nach § 16 Abs. 3 S. 7 EStG ebenfalls mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Ausnahmsweise kann eine Bewertung mit dem Buchwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 5, 6 EStG bei der Entnahme zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke i. S. v. § 10b Abs. 1 EStG gewählt werden (Buchwertprivileg, s. Rz. 404). Nicht geregelt sind in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG – anders als in § 4 Abs. 1 S. 2 EStG – die Entnahmen von Nutzungen und Leistungen. Diese sind als Aufwandsentnahmen mit den Selbstkosten zu bewerten.[3] Eine Spezialregelung enthält § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2–4 EStG zur Pauschalierung des privaten Nutzungsanteils bei zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw.

17.2.1 Entnahme von Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1)

 

Rz. 379

Die Entnahme von Wirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG mit dem Teilwert zu bewerten. Dadurch soll eine Versteuerung der in dem Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven wie im Fall einer Veräußerung sichergestellt werden (s. Rz. 380). Diese Regelung ist nicht nur bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG anzuwenden, sondern auch bei derjenigen im Wege der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG[1] anwendbar. Als entnommene Wirtschaftsgüter kommen sowohl bilanzierte materielle oder immaterielle als auch nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter in Betracht.[2] Dabei ist allerdings zu bedenken, dass ein derivativer oder originärer Geschäftswert nicht isoliert in das Privatvermögen überführt werden kann. Er kann nur zusammen mit einem lebenden Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil einem Erwerber übertragen oder zur Nutzung überlassen werden.[3]

 

Rz. 380

Der Teilwert i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG entspricht demjenigen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG (s. Rz. 242). Jedoch ist die Funktion des Teilwertansatzes eine unterschiedliche: Während der Ansatz des Teilwerts anstelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG der Antizipation eines Verlusts infolge einer dauernden Wertminderung des Wirtschaftsguts dient, soll im Fall der Entnahme eines Wirtschaftsguts der Ansatz des Teilwerts der Erfassung des Entnahmegewinns und damit der Besteuerung der stillen Reserven in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Teilwert dienen. Für die Bezifferung des Teilwerts kommt es nicht allein auf den subjektiven Erkenntnisstand des Stpfl. an. Vielmehr sind alle zum Entnahmezeitpunkt objektiv vorhandenen Umstände von Bedeutung, auch wenn sie erst später bekannt werden.[4] Diese Umstände müssen jedoch im Entnahmezeitpunkt bereits so hinreichend konkretisiert sein, dass mit ihnen als Tatsache zu rechnen ist. Mängel, die auch verdachtsweise noch nicht zutage getreten sind, beeinflussen die Wertfindung auf den Entnahmestichtag nicht.[5]

 

Rz. 381

Für die Fälle, in denen sich die Teilwerte von Sachentnahmen nur durch eine Schätzung ermitteln lassen, veröffentlicht die Finanzverwaltung jährlich Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben Sie gelten z. B. für den Lebensmitteleinzelhandel und das Gaststättengewerbe,[6] Die Pauschsätze sind Jahrespauschalen. Der Unternehmer kann auch die tatsächlichen Entnahmen durch Einzelaufzeichnungen nachweisen.

 

Rz. 382

Zur Ermittlung des Teilwerts sind die von der Rspr. entwickelten Ober- und Untergrenzen sowie die Teilwertvermutungen heranzuziehen (s. Rz. 258f.). Diese schaffen einen Anscheinsbeweis, den derjenige zu entkräften hat, der sich auf einen abweichenden Wert beruft. Die Obergrenze bilden die Wiederbeschaffungsk...

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