Rz. 337

Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, insbesondere bei Waren, wird vermutet, dass ihr Teilwert im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und an späteren Bilanzstichtagen den Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten entspricht (Rz. 258ff.).[1] Eine bloße vorübergehende Wertminderung erlaubt noch keine Teilwertabschreibung. Nur eine voraussichtlich dauernde Wertminderung gestattet dies nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG (zum Begriff der voraussichtlich dauernden Wertminderung s. Rz. 248). Das frühere Wahlrecht zur Vornahme einer Teilwertabschreibung bei einer nur vorübergehenden Wertminderung ist für nach dem 31.12.1998 endende Wirtschaftsjahre entfallen. Schon früher hatte BFH allein eine längere Lagerdauer, Zinsverluste oder Kosten der Lagerhaltung noch nicht als Rechtfertigung für eine Teilwertabschreibung angesehen.[2]

 

Rz. 338

Bei Wirtschaftsgütern mit einem Börsen- oder Marktwert ist grundsätzlich nur derjenige am Bilanzstichtag maßgeblich. Der Teilwert eines Wertpapiers kann nur dann nicht nach dem Kurswert bestimmt werden, wenn aufgrund konkreter und objektiv überprüfbarer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Börsenpreis den tatsächlichen Anteilswert nicht widerspiegelt.[3]

Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn der Kurs durch Insidergeschäfte beeinflusst wurde oder über einen längeren Zeitraum kein Handel mit den zu bewertenden Wertpapieren stattfand.[4]

Bei den bis zum Tag der Bilanzaufstellung eintretenden Kursänderungen handelt es sich um wertbeeinflussende (wertbegründende) Umstände, die die Bewertung der Wertpapiere zum Bilanzstichtag grundsätzlich nicht berühren.[5]

 

Rz. 339

Gesunkene Wiederbeschaffungskosten lassen sich ohne Weiteres feststellen, wenn die Ware einen Börsen- oder Marktpreis besitzt. Der Teilwert entspricht dann im Allgemeinen dem etwaigen niedrigeren Börsen- oder Marktpreis[6], es sei denn, der gesunkene Börsen- oder Marktpreis ist durch vorübergehende Umstände beeinflusst (R 6.8 Abs. 2 S. 10 EStR; Beispiel in Rz. 338). Gegenüber dem gesunkenen Marktpreis hat der BFH es im Hopfenurteil[7] als unerheblich angesehen, dass die Ware am Bilanzstichtag bereits zu einem höheren Preis als dem gesunkenen Marktpreis fest verkauft, aber noch nicht geliefert war, sodass aus dem Geschäft ein Gewinn zu erwarten war. Denn es gehe darum, Vorräte zu bewerten. Hingegen dürfe ein nicht realisierter Gewinn aus einem schwebenden Geschäft nicht bilanziert werden. Gegen diese Zulassung einer Teilwertabschreibung lässt sich einwenden, dass es keinen Verlust durch eine Teilwertabschreibung zu antizipieren gab.[8] Nunmehr lässt sich außerdem gegen eine Teilwertabschreibung anführen, dass die Wertminderung für den Kaufmann eine bloße vorübergehende war, die keine Teilwertabschreibung rechtfertigt.

 

Rz. 340

Bei Waren – z. B. Modeartikeln – nach Ablauf der Saison oder solchen, deren Verkäuflichkeit infolge längerer Lagerung eingeschränkt ist, hat der BFH eine Teilwertabschreibung infolge Ungängigkeit zugelassen.[9] Der Teilwert von Waren, die zum Absatz bestimmt sind, hängt danach nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von dem erzielbaren Veräußerungserlös ab. Deckt der voraussichtliche Veräußerungserlös nicht mehr die Selbstkosten der Waren zuzüglich eines durchschnittlichen Unternehmergewinns, so rechtfertigt der sich dabei ergebende Fehlbetrag eine Teilwertabschreibung auf die Anschaffungskosten, indem diese um den Fehlbetrag vermindert werden.[10] Dabei sind unter Selbstkosten einer Ware ihre Anschaffungskosten zuzüglich eines Aufschlags für ihren Anteil am betrieblichen Aufwand zu verstehen.[11]

 

Rz. 341

Zur Erläuterung dient folgendes Beispiel[12]:

 
Praxis-Beispiel
 
Anschaffungskosten der Ware 100 EUR
Aufschlag für Anteil am betrieblichen Aufwand 10 EUR
Selbstkosten 110 EUR
Rohgewinnaufschlag lt. Jahresabschluss 100 % 110 EUR
Kalkulierter Veräußerungspreis 220 EUR
voraussichtlicher Veräußerungserlös 200 EUR
Fehlbetrag 20 EUR
Anschaffungskosten von 100 ./. Fehlbetrag von 20 = Teilwert von 80 EUR

Aus Vereinfachungsgründen kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass der Teilwert dem Betrag entspricht, der sich nach Kürzung des erzielbaren Verkaufserlöses um den durchschnittlichen Rohgewinnaufschlag ergibt.[13] Für den Fall, dass ein Stpfl. die notwendigen Daten für die vorstehende Substraktionsmethode nicht ermitteln kann, hält die Verwaltung eine als weitere Vereinfachung gedachte Formel in R 6.8 Abs. 2 S. 5, 6 EStR bereit. Sie beruht auf den Faktoren X = der zu suchende Teilwert, Z der erzielbare Verkaufspreis, Y1 der Durchschnittsunternehmergewinnprozentsatz, Y2 der Rohgewinnaufschlagrest und W, der Prozentsatz an Kosten, der noch nach Abzug des durchschnittlichen Unternehmergewinnprozentsatzes vom Rohgewinnaufschlagsatz nach dem Bilanzstichtag anfällt. Die Formel lautet: X = Z : (1 + Y1 + Y2 × W).

Siehe hierzu auch Rz. 270.

 

Rz. 342

Der Stpfl. muss die Minderung der voraussichtlichen Verkaufserlöse durch betriebliche Un...

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