Rz. 24

Neben dem Ort der Geschäftsleitung muss auch die Bereederung im Inland erfolgen. Die Bereederung kann vom Schiffseigentümer (Reeder, § 484 HGB) oder einem Dritten[1] aufgrund eines Bereederungsvertrags wahrgenommen werden. Sie umfasst die strategische und wirtschaftliche Verwaltung des Schiffs und erfasst notwendigerweise größtenteils Maßnahmen, die Geschäftsleitungstätigkeiten sind, sodass sich beide Merkmale regelmäßig überschneiden. Nach einer oftmals anzutreffenden Definition umfasst die Bereederung eines Schiffes dessen Management in wirtschaftlicher, technischer und personeller Hinsicht. Dies wird deutlich aus den im BMF-Schreiben genannten Tätigkeiten zur Bereederung, die nahezu mit den Tätigkeiten der Geschäftsführung identisch sind.[2] Hierbei ist zu beachten, dass die Anstellung (Crewing) der Mannschaftsmitglieder nicht im Inland erfolgen muss, da diese Anstellung nicht im Katalog des BMF-Schreibens genannt ist.[3] Nach dem ausdrücklichen Wortlaut müssen nur der Kapitän und die Offiziere in einem Anstellungsverhältnis zu einer inländischen Gesellschaft stehen. Dies wird im Regelfall allerdings nicht die Schiffsgesellschaft selber sein, sondern ein inländisches Crewing-Unternehmen, das seinerseits die Kapitäne und Offziere anstellt und an die Einschiffsgesellschaft "verleiht".[4]

 

Rz. 24a

Zur Bereederung rechnen auch die Aufgaben, die mit der Einführung der Sicherheitscodes "International Safety Management" (ISM, ab 1.7.2002) und "International Ship and Security Code" (ISPS, ab 1.7.2004) wahrzunehmen sind, z. B. die Verpflichtung, an Land einen Durchführungsbeauftragten (Sicherheitsinspektor, "designated person") zu bestellen.[5]

 

Rz. 24b

Die Bereederung der begünstigten Schiffe im Inland (§ 1 EStG Rz. 21) ist neben dem Ort der Geschäftsleitung eine zusätzliche und eigenständige Voraussetzung ("… zu ermitteln, wenn …"). Sie muss im Gegensatz zum Ort der Geschäftsleitung zu nahezu 100 % im Inland ausgeübt werden. Dies folgt zum einen aus dem Gesetzeswortlaut "… wenn die Bereederung …", zum anderen aus dem Gesetzeszweck der Erschaffung oder Erhaltung hochwertiger Arbeitsplätze im Inland. Eine Ausübung von Bereederungsaufgaben im Ausland ist daher schädlich. Nach Auffassung der Verwaltung soll es ausreichen, wenn die genannten Tätigkeiten fast ausschließlich im Inland durchgeführt werden.[6] Dies gilt auch, wenn einzelne Aufgaben der Bereederung auf andere Unternehmen übertragen werden.[7] Als begünstigende Auslegung kann dieser Auffassung gefolgt werden. In jedem Fall sind mehr als 10 % der Bereederung im Ausland schädlich.[8] Hierbei sind allerdings die einzelnen Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung und ihrem Umfang zu gewichten.[9] In der Praxis sollte deshalb (wenn überhaupt) nur sehr punktuell von einer Durchführung von Bereederungsaufgaben im Ausland Gebrauch gemacht werden. Sofern Sicherheit erzielt werden soll, ob die Verlagerung in das Ausland im Einzelfall schädlich ist, bietet sich eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung in Form der Einholung einer verbindlichen Auskunft an (§ 89 Abs. 2 AO), die allerdings regelmäßig kostenpflichtig ist und vor der Durchführung der Verlagerung erfolgen muss.

Zur Frage der Bereederung ist derzeit ein Verfahren beim BFH anhängig. Dieses ist vor allem auch deshalb von Interesse, weil die Vorinstanz enge Anforderungen an die Inlandsbereederung gestellt hat.[10]

 

Rz. 25

Fraglich ist indes, ob die Beschränkung der Bereederung auf das Inland mit EU-Recht vereinbar ist, da diese Voraussetzung zu einer indirekten Diskriminierung von nicht im Inland ansässigen EU-Mitgliedern führen kann.[11] Mit den innerhalb der EU bestehenden Freiheiten dürfte dies nur schwerlich vereinbar sein.[12] Gleichwohl sollte in der Praxis auch bei einer Verlagerung von Bereederungs-Aktivitäten auch in das EU-Ausland eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung gesucht werden.

 

Rz. 26

Werden von dem Gewerbebetrieb mehrere Handelsschiffe bereedert, muss sich die Bereederung vom Inland aus auf alle (auch gecharterten und vercharterten) im internationalen Verkehr betriebenen Handelsschiffe erstrecken; die Bereederung nur eines Schiffs im Ausland ist insgesamt schädlich.[13] Diese Problematik kann sich naturgemäß nur bei Mehrschiff-Gesellschaften stellen. Der Betrieb i. S. d. § 5a EStG umfasst hierbei alle Schiffe, die von einem Gewerbetreibenden unter § 5a EStG betrieben werden.[14]

 

Rz. 27

Nach dem Gesetzeswortlaut ist es nicht erforderlich, dass der Bereederer an der Schifffahrtsgesellschaft selbst beteiligt ist.[15] In der Praxis besteht allerdings regelmäßig eine Beteiligung des Reeders an der Gesellschaft, damit die Bereederungsgebühr nach der aktuellen Verwaltungsauffassung bis zu einer Grenze von 4 % der Umsatzerlöse durch die Gewinnermittlung nach § 5a EStG abgegolten ist.[16] Die Bereederung fremder, nicht vom Stpfl. gecharterter Schiffe ist hingegen nicht begünstigt.[17]

[1] Kahl-Hinsch, in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz. 38.
[2] BMF v. 10.7.2023, IV C 6 – S 2133-a/20/10001:003, Rz. 1, BStBl I 202...

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