Rz. 17

Der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn gilt als Gewerbeertrag nach § 7 Abs. 1 S. 1 GewStG, sodass Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG) nach Ansicht des BFH grundsätzlich nicht in Betracht kommen (Rz. 46a ff.).[1] Das galt nach der Rspr. des BFH auch für den Ertrag aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG.[2] Diese Rspr. des BFH ist bzw. war indes sehr fraglich, da mit dem Unterschiedsbetrag regelmäßig solche stillen Reserven erfasst werden, die aus der Zeit stammen, als noch kein Gewerbebetrieb gegeben war, also aus der Zeit vor der Infahrtsetzung des Seeschiffs. Auch die Verneinung der Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 9 Nr. 3 GewStG erscheint fraglich, da die Aufteilung des Gewerbeertrags auf eine inländische und ausl. Betriebsstätte schlicht ausgeblendet wird.[3] Der BFH vertrat jedoch zunächst die Ansicht, dass eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG auch hinsichtlich des Gewinns aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nicht infrage kommt.[4]

 

Rz. 17a

Mit Urteilen v. 25.10.2018 hat der BFH dann zutreffenderweise seine Rspr. geändert und hinsichtlich des Ertrags aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags die Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG zugelassen.[5]

 

Rz. 17b

Die Finanzverwaltung hat sich allerdings der Umsetzung der geänderten Rspr. des BFH verweigert. Dies geschah sicherlich zur Vermeidung von erheblichen Ausfällen bzw. Rückforderungsansprüchen bei der GewSt. Stattdessen wurde durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019 § 7 S. 3 GewStG geändert.[6] Nach der nunmehr gültigen Gesetzesfassung ist die Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG auch hinsichtlich des Ertrags aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags ausgeschlossen. Mit dieser Gesetzesänderung wird somit die geänderte Rspr. des BFH ausgehebelt.[7]

 

Rz. 17c

Besondere Brisanz erlangt die Neufassung des § 7 S. 3 GewStG durch seine Anwendungsbestimmung. Nach § 36 Abs. 3 GewStG ist die Ende 2019 geschaffene Neufassung erstmals auf den Erhebungszeitraum 2009 anzuwenden. Eine rechtswidrige echte Rückwirkung liegt nahe, da in einen abgeschlossenen Erhebungszeitraum eingegriffen wird.[8] Nach der Gesetzesbegründung soll eine solche indes nicht vorliegen, da kein schutzwürdiges Vertrauen der Stpfl. in eine andere Rechtsauslegung habe entstehen können. Zudem sei die geänderte Rechtsauslegung des BFH bereits mit der bisherigen Gesetzesfassung nicht vereinbar gewesen. Der Wortlaut sei nur klarstellend angepasst worden.[9] Diese Auffassung des Gesetzgebers erscheint indes sehr fraglich und wird sicherlich weitere Gerichtsverfahren – voraussichtlich bis zum BVerfG – nach sich ziehen. So hat das FG Hamburg in einer ersten im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Entscheidung die Auffassung des Gesetzgebers bestätigt.[10] Leider hat der BFH diese Entscheidung in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht korrigiert.[11] Entsprechende Verfahren sollten jedoch in jedem Fall offengehalten werden, bis das Hauptsacheverfahren durch den BFH entschieden worden ist. Sollte dies – wie zu befürchten ist – die Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestätigen, liegt es nahe, dass eine endgültige Entscheidung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit erst durch das BVerfG herbeigeführt wird.

 

Rz. 17d

Der Gewerbeertrag ist mit Gewerbeverlusten gem. § 10a GewStG aus Vorjahren verrechenbar.[12] Dies ist seit dem 1.1.2006 für neue Gesellschaften nicht mehr möglich, da aus den Vorjahren keine gewerbesteuerlichen Verluste mehr entstehen können (Rz. 12a, 49ff.). Scheiden Gesellschafter aus, entfällt nach den allgemeinen Bestimmungen anteilig der Gewerbeverlust. Die Aufteilung des festgesetzten GewSt-Messbetrags für Zwecke der Feststellung der Steuerermäßigung gem. § 35 EStG erfolgt ausschließlich nach dem Verhältnis des der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinns zu dem gesamten Gewinn aus Gewerbebetrieb.[13]

 

Rz. 17e

Problematisch ist hinsichtlich der Verrechnung mit Gewerbeverlusten jedoch vor allem die Konstellation, in der es aufgrund der Einführung der Mindestbesteuerung in § 10a GewStG zu einer Beschränkung der Verlustverrechnung kommt. Dies kann – zumindest in Altfällen, in denen zunächst eine herkömmliche Gewinnermittlung und dann ein Wechsel zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG erfolgt ist – dazu führen, dass im Zeitpunkt der Veräußerung des Seeschiffs gewerbesteuerliche Verlustvorträge in erheblicher Höhe entfallen. Selbst wenn die Beschränkung des Verlustabzugs grundsätzlich verfassungsgemäß sein sollte[14], handelt es sich bei dem Wegfall der Verlustvorträge nach der Veräußerung um einen Vorgang, bei dem die Finanzverwaltung zu einzelfallbezogenen Billigkeitsmaßnahmen gem.§§ 163, 227 AO aufgerufen ist[15], da ein Definitiveffekt eintritt, bei dessen Vorliegen die Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung höchst zweifelhaft erscheint.[16] Dies scheint auch der BFH so zu sehen und hat die Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit der Min...

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