Rz. 6

U. a. aufgrund des Beschlusses des BFH[1] zur Tarifspreizung des § 32c EStG[2] wird immer wieder diskutiert, ob § 5a EStG mit Art. 3 GG vereinbar ist.[3] § 5a EStG begünstigt innerhalb einer Einkunftsart eine einzelne Berufsgruppe dergestalt, dass die pauschale Gewinnermittlung zu einer Steuerbelastung von ca. 5 % führen wird. Diese Begünstigung ist nach der Rspr. des BVerfG nur gerechtfertigt, wenn hierfür besondere sachliche Gründe gegeben sind, die entweder eine andere "Belastbarkeit" indizieren oder lenkungsrechtlicher Art sind oder das Allgemeinwohl berühren.[4] Nach der Gesetzesbegründung (Rz. 1) dient die Vorschrift ausschließlich der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Reeder im internationalen Vergleich und der Erhaltung inländischer Arbeitsplätze. Das Arbeitsplatzargument hat der BFH indes als nicht tragfähig angesehen, da § 32c EStG nicht geeignet erscheint, diesen Zweck zu erreichen. Dies gilt in besonderem Maße für § 5a EStG, da das Gesetz weder Voraussetzungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen aufstellt noch irgendwelche Kontroll- oder Sanktionsmöglichkeiten vorsieht. Gewerblich Tätige i. S. d. § 5a EStG profitieren damit von der Steuerentlastung unabhängig davon, ob sie Gewinne entnehmen und konsumieren oder für die Schaffung von Arbeitsplätzen verwenden. Da auch der Spediteur, der Lagerhalter und sonstige mit Schifffahrtsunternehmen in Verbindung stehende Personen Arbeitsplätze schaffen, selbstverständlich auch Land- und Forstwirte, sonstige Gewerbetreibende oder Freiberufler, sind für die einseitige Bevorzugung einer Berufsgruppe innerhalb einer Einkunftsart zunächst keine besonderen sachlichen Gründe erkennbar. Das BVerfG lässt allerdings eine Bevorzugung einzelner Stpfl. durch Steuerentlastung zu, wenn der Gesetzgeber dadurch das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten des Stpfl. aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will, verlangt aber in diesem Fall, dass der Lenkungszweck mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet und gleichheitsgerecht ausgestaltet ist.[5] § 5a EStG enthält solche Voraussetzungen zunächst nicht. Ob Gründe des Gemeinwohls gegeben sind, wird kontrovers diskutiert. Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit einer Berufsgruppe hat direkt nichts mit dem Gemeinwohl zu tun, höchstens mittelbar.[6]

 

Rz. 7

Im Ergebnis ist aber letztlich offen, ob die gleichheitswidrige Bevorzugung einer Berufsgruppe begründbar ist oder nicht, sodass die Verfassungsmäßigkeit des § 5a EStG umstritten ist. Die vielleicht überwiegende Auffassung kommt zu einer Verfassungswidrigkeit der Norm oder hat zumindest Bedenken.[7] Nach der gegenteiligen Meinung liegt eine sachliche Rechtfertigung für die steuerliche Begünstigung darin, dass Deutschland wegen seines umfangreichen Außenhandels ein existenzielles Interesse daran hat, dass auch weiterhin eine größere Anzahl von Seeschiffen im Inland bereedert werde.[8] Letztlich bejaht auch der BFH die Verfassungsmäßigkeit der Norm, da die grundsätzlich gleichheitswidrige Steuerbegünstigung gerechtfertigt ist.[9] Dem ist zuzustimmen.

[1] BFH v. 24.2.1999, X R 171/96, BFH/NV 1999, 1012; das BVerfG hält demgegenüber § 32c EStG a. F. für verfassungsgemäß, BVerfG v. 21.6.2006, 2 BvL 2/99, BFH/NV Beilage 2006, 481.
[2] I. d. F. des StandOG v. 13.9.1993, BStBl I 1993, 774.
[6] Vgl. aber Kahl-Hinsch, in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz. 19, die insbesondere auf den Aspekt der internationalen Verknüpfung der maritimen Wirtschaft verweist.
[7] Weiland, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 5a EStG Rz. 5f.; Kruhl, BB 1998, 1770; Schindler, in Kirchhof/Söhn, EStG, 2023, § 5a EStG Rz. 1; Tormöhlen, in Korn, EStG, § 5a EStG Rz. 2; zur Vorlagefähigkeit einer solchen Frage an das BVerfG vgl. BFH v. 24.2.1999, X R 171/96, BStBl II 1999, 450; Wernsmann, FR 1999, 242.
[8] Loschelder, in Schmidt, EStG, 2023, § 5a EStG Rz. 3, der aber auch den Reformbedarf der Bestimmung betont; Hofmeister, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 5a EStG Rz. 9, i. d. S. wohl auch Kahl-Hinsch, in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz. 19; offen Barche, in H/H/R, EStG/KStG, § 5a EStG Rz. 6.

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