Rz. 1

Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung für die Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen bzw. deren Betriebsstätten innerhalb der EU. Betroffen von der Vorschrift sind im Inland ansässige Unternehmen, die Zinsen und Lizenzgebühren an ein in einem anderen EU-Staat ansässiges verbundenes Unternehmen zahlen. Die Vorschrift richtet sich an den Schuldner und den Gläubiger dieser Zahlungen. Der Schuldner kann auf Antrag den Steuerabzug vom Kapitalertrag (Zinsen) oder nach § 50a EStG (Lizenzgebühren) unterlassen. Der Gläubiger unterliegt mit den Einkünften aus den Zinsen und Lizenzgebühren nicht der Quellensteuer im Quellenstaat und damit insoweit nicht der beschr. Steuerpflicht.[1]

 

Rz. 2

Die genannten Abzugsteuern sind Steuern des Gläubigers der Zins- und Lizenzzahlungen. Der Gläubiger unterliegt mit diesen Zahlungen grundsätzlich (zu Zinsen vgl. § 49 EStG Rz. 326ff.) der beschr. Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland, weil der Schuldner der Zahlungen hier ansässig ist. Mit diesem Steuerabzug soll die Steuerpflicht des Zahlungs- und Vergütungsgläubigers abgegolten sein (§ 50 Abs. 2 S. 1 EStG). Die Befreiung des Schuldners vom Steuerabzug bedeutet daher im Ergebnis eine Steuerfreistellung des Gläubigers; die Zins- und Lizenzzahlungen werden bei ihm nicht der beschr. Steuerpflicht unterworfen. Er hat diese Einnahmen vielmehr nur im Rahmen seiner unbeschränkten Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat zu versteuern, sofern die Einkünfte im Quellenstaat nicht zu einer dort belegenen Betriebsstätte gehören. Betriebsstätten in einem EU- oder EWR-Staat gelten nach § 50g Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b EStG selbst als "Gläubiger", sodass die Betriebsstättenbesteuerung vorgeht. Entsprechend werden diese Zahlungen im Quellenstaat auch im Rahmen einer Veranlagung nicht erfasst, wenn es sich nicht um die Veranlagung wegen einer Betriebsstätte handelt. Die Vorschrift dient daher der Vermeidung von Doppelbesteuerungen innerhalb international tätiger Konzerne.

 

Rz. 3

Für den umgekehrten Fall, dass der Gläubiger der Zins- und Lizenzzahlungen im Inland ansässig ist, der Schuldner jedoch im EU-Ausland, muss der ausl. Staat den deutschen Gläubiger in entsprechender Weise von der Abzugsteuer entlasten. Dazu dient § 50h EStG, der eine Ansässigkeitsbescheinigung durch die deutschen Finanzbehörden vorsieht, mit der das deutsche Unternehmen seine Berechtigung, von der KapESt-Befreiung Gebrauch zu machen, nachweisen kann.

 

Rz. 4

Die Vorschrift ist eine Einschränkung zu §§ 50, 50a EStG und hätte besser im systematischen Zusammenhang mit diesen Vorschriften geregelt werden sollen. Sie betrifft zwar inländische Unternehmen, diese aber nicht als Stpfl. in eigener Steuersache, sondern als Abzugsverpflichtete in der Steuersache des beschr. stpfl. Zahlungs- und Vergütungsempfängers.

 

Rz. 5

Die Vorschrift, die auf die Zins- und Lizenzrichtlinie der EU zurückgeht (Rz. 6), ist Ausdruck der Tendenz in der EU, der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Vorrang einzuräumen vor der Besteuerung im Quellenstaat. Das Steuerabzugsrecht des Quellenstaats wird aufgehoben, dagegen das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats voll aufrechterhalten. Im Ergebnis wird damit die gleiche Regelung eingeführt, wie sie für Dividenden nach § 43b EStG gilt; auch dort wird die Quellenbesteuerung zugunsten der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat zurückgedrängt.

[1] Vgl. allgemein zur Regelung Dautzenberg, BB 2004, 17; Dörr, IStR 2005, 109.

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