Rz. 229

In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift war die Frage nicht eindeutig geregelt, ob auch Sondervergütungen, die im Rahmen einer doppelstöckigen oder mehrstöckigen Personengesellschaft gezahlt werden, unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen sollten. Ein mittelbar im Rahmen einer solchen mehrstöckigen Konstruktion beteiligter Gesellschafter gilt nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG hinsichtlich der Sondervergütungen als unmittelbar an der Personengesellschaft beteiligt, die die Sondervergütungen zahlt. Die ursprüngliche Fassung enthielt jedoch nur eine Verweisung auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, nicht auf S. 2 mit der Regelung für mehrstöckige Personengesellschaften. Nach der Rspr. des BFH sind die Verweisungen des § 50d Abs. 10 EStG exakt und differenziert.[1] Daraus war zu schließen, dass die Vorschrift nicht galt, soweit die Verweisung auf § 15 EStG nicht reichte, somit nicht auf mehrstöckige Personengesellschaften anwendbar war. Bei der Neufassung der Vorschrift[2] wurde in Abs. 10 S. 4 eine ausdrückliche Verweisung auf § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG aufgenommen und damit geregelt, dass die Vorschrift auch für die mittelbare Beteiligung des Gesellschafters bei mehrstöckigen Personengesellschaften gelten soll. Dagegen gilt die Vorschrift im Verhältnis zu Schwester-Personengesellschaften nicht, da bei einer Darlehensgewährung keine Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegen (Rz. 205). Die Neuregelung nimmt an der rückwirkenden Geltung der Vorschrift teil (Rz. 190). Darin liegt eine Verschärfung der Rechtslage aufgrund einer echten Rückwirkung, für die die Rechtfertigung fehlt. Das Gesetz enthielt insoweit eine Lücke in der Besteuerung, die Rechtslage war aber nicht unklar oder verworren. Die rückwirkende Anwendung der Regelung für doppelstöckige Personengesellschaften ist daher verfassungswidrig.

 

Rz. 230

Nach der Neufassung der Vorschrift durch das G. v. 26.6.2013[3] erfasst § 50d Abs. 10 EStG auch Sondervergütungen, die als nachträgliche Einkünfte i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG zufließen. Zu der früheren Fassung der Vorschrift hatte die Rspr. entschieden, dass dies nicht der Fall sei.[4] Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG werde erst durch § 15 Abs. 1 S. 2 EStG auf nachträgliche Einkünfte erweitert. § 50d Abs. 10 S. 1 EStG nehme aber § 15 Abs. 1 S. 2 EStG nicht in Bezug. Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung der Vorschrift daraufhin § 15 Abs. 1 S. 2 EStG in § 50d Abs. 10 S. 4 EStG in Bezug genommen. Daher fallen auch Sondervergütungen, die als nachträgliche Einkünfte i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG gezahlt werden, in den Regelungsbereich der Vorschrift. Sachlich sind davon insbesondere Pensionszahlungen an den Gesellschafter betroffen. In zeitlicher Hinsicht kann dies jedoch erst ab Vz 2013 gelten, weil die Vorschrift konstitutiv ist und die durch den BFH festgestellte Rechtslage ändert. Die Regelung nimmt zwar an der gesetzlich angeordneten Rückwirkung auf alle noch offenen Fälle teil, jedoch ist dies verfassungswidrig, da es sich um eine unzulässige echte Rückwirkung handelt (Rz. 191). Die Rechtslage ist durch Auslegung durch den BFH geklärt worden, sie war also durch Auslegung ermittelbar und daher nicht unklar und verworren. Eine Rechtfertigung für die Belastung des Stpfl. durch die echte Rückwirkung besteht daher nicht.

[1] BFH v. 8.11.2010, I R 106/09, BFH/NV 2011, 365, dem Grunde nach; zu den Folgen Kollruss, FR 2015, 351, 354f.
[2] G. v. 26.6.2013, BStBl I 2013, 802.
[3] BStBl I 2013, 802.

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