Rz. 155

Für die Frage des Rechtsschutzes im Verfahren über den Steuerabzug ist danach zu unterscheiden, ob der Rechtsschutz des Abzugsverpflichteten oder des Vergütungsgläubigers infrage steht.[1] Die Zuständigkeit für beide Verfahren liegt für Vergütungen, die nach dem 31.12.2013 zugeflossen sind, bei dem BZSt, für früher zugeflossene Vergütungen bei dem für den Vergütungsschuldner zuständigen FA, auch soweit das Rechtsbehelfsverfahren nach dem 31.12.2013 durchgeführt wird.

 

Rz. 156

Der Vergütungsschuldner (Abzugsverpflichteter) erfüllt mit der Anmeldung und Abführung der Abzugsteuer eine eigene Verpflichtung. Die Steueranmeldung stellt ihm gegenüber nach § 168 S. 1 AO einen Steuerbescheid dar, den er anfechten kann. Das Rechtsschutzbedürfnis des Anmeldenden an der Anfechtung der Steueranmeldung kann nicht deswegen verneint werden, weil der Vergütungsschuldner die Steueranmeldung selbst abgegeben hat. Er ist bei der KapESt auch nicht auf das Erstattungsverfahren nach § 44b Abs. 5 S. 1 EStG verwiesen. Dieses Verfahren ist keine abschließende Sonderregelung, die den Rechtsbehelf gegen die Steueranmeldung verdrängen würde.[2] Erfüllt der Vergütungsschuldner seine Verpflichtung nicht, kann gegen ihn ein Haftungsbescheid nach § 50a Abs. 5 S. 5 EStG ergehen, gegen den er ebenfalls Einspruch einlegen kann.

 

Rz. 157

Gegen den in der Steueranmeldung liegenden Steuerbescheid kann aber nicht nur der Abzugsverpflichtete Einspruch einlegen. Das Verfahren betrifft sowohl die Abzugsverpflichtung als solche als auch die Höhe der Beträge, die einzubehalten und abzuführen sind. Sie hat gegenüber dem Vergütungsgläubiger Drittwirkung, da sie den Vergütungsschuldner berechtigt, einen Teil der dem Vergütungsgläubiger geschuldeten Vergütung auf Rechnung des Vergütungsgläubigers an die zuständige Finanzbehörde abzuführen. Wegen dieser Drittwirkung ist auch der Steuerschuldner (Vergütungsempfänger) berechtigt, Einspruch einzulegen.[3] Das Rechtsbehelfsverfahren tritt dann selbstständig neben das Freistellungsverfahren nach § 50c Abs. 2 EStG.[4]

Hat der Vergütungsgläubiger die Steueranmeldung angefochten, entfällt das Rechtsschutzinteresse, wenn die Vergütung in die ESt-Festsetzung einbezogen und die abgezogene Steuer angerechnet wird. Der Rechtsbehelf bzw. die Klage wird dann unzulässig. Es kann keine Fortsetzung des Verfahrens als Rechtsbehelf bzw. Klage gegen den ESt-Bescheid nach § 68 FGO erfolgen, da beide Verfahren auf unterschiedliche Verfahrensgegenstände gerichtet sind.[5]

 

Rz. 158

Da die Steueranmeldung nach § 168 S. 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, kann sie nach § 164 Abs. 2 S. 1 AO auf Antrag geändert werden. Die Änderung können ebenfalls der Abzugsverpflichtete und der Steuerschuldner beantragen.[6]

 

Rz. 159

In dem Verfahren über den Steuerabzug kann nur darüber entschieden werden, ob der Vergütungsschuldner berechtigt und verpflichtet war, die Steuer einzubehalten und abzuführen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vergütungsschuldner oder der Vergütungsgläubiger den Rechtsbehelf eingelegt hat (Rz. 41).[7] In diesem Rechtsbehelfsverfahren ist auch zu entscheiden, ob der Vergütungsgläubiger beschr. stpfl. ist, da der Vergütungsschuldner nur in diesem Fall verpflichtet ist, den Steuerabzug vorzunehmen und die Steuer abzuführen. Dies gilt allerdings nur für Zwecke des Steuerabzugs. Eine endgültige Entscheidung über die beschr. Steuerpflicht gegenüber dem Vergütungsgläubiger ist damit nicht verbunden.[8] Die beschr. Steuerpflicht des Vergütungsgläubigers ist also Voraussetzung der Verpflichtung des Vergütungsschuldners. Das kann im Rechtsbehelfsverfahren (mit Wirkung für und gegen den Vergütungsschuldner) geklärt werden; dieser ist nicht etwa darauf verwiesen, einen Haftungsbescheid gegen sich ergehen zu lassen und hiergegen Einspruch einzulegen.[9]

 

Rz. 159a

Verfahrensrechtlich sind Steueranmeldung und Haftungsbescheid gegenüber dem Vergütungspflichtigen unterschiedliche Verwaltungsakte, die getrennt in Bestandskraft erwachsen und daher auch getrennt angefochten werden müssen. Das gilt auch für die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der Steueranmeldung. Die Anfechtung des Haftungsbescheids stellt daher auch dann keine Anfechtung der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der Steueranmeldung dar, wenn beide Verwaltungsakte in der Form eines Sammelbescheids in der gleichen Urkunde enthalten sind. Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Haftungsbescheid und Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zu der Steueranmeldung.[10]

 

Rz. 160

In der Steueranmeldung liegt jedoch keine Steuerfestsetzung gegenüber dem Vergütungsgläubiger. Im Steuerabzugsverfahren ist nur darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Vergütungsschuldner den Steuerabzug vorzunehmen hatte.[11] Die Steuerpflicht des Vergütungsgläubigers ist daher nicht Streitgegenstand im Abzugsverfahren, sondern nur unselbstständige Vorfrage in dem Verfahren gegen den Vergütungsschuldner.[12] Der Vergütungsgläubiger kann daher dur...

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