Rz. 119

Um europarechtliche Probleme des Steuerabzugs zu vermeiden, enthält Abs. 3 eine Sonderregelung für EU- und EWR-Fälle. Allgemein zu den europarechtlichen Problemen vgl. Rz. 8ff. Die Sonderregelung besteht darin, dass der Vergütungsgläubiger gegenüber dem Vergütungsschuldner die mit den Vergütungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten in einer nachprüfbaren Form angeben kann. Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip. Maßgebend ist dabei nicht eine naturwissenschaftliche Kausalität, sondern eine nach steuerrechtlichen Grundsätzen durchzuführende Wertung der Ursachen, aufgrund deren der Stpfl. die Aufwendungen gemacht hat. Da ein "unmittelbarer" wirtschaftlicher Zusammenhang gefordert wird, wird i. d. R. ein ausschließlicher Zusammenhang mit den Einnahmen bestehen, sodass sich die Frage einer, ggf. schätzungsweisen, Aufteilung nicht stellt.[1] Der Vergütungsschuldner kann nach Abs. 3 die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug um diese Betriebsausgaben oder Werbungskosten mindern. Gleiches gilt für Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die der Vergütungsschuldner übernommen hat. Diese Regelung geht auf die Rspr. des EuGH zurück, wonach eine Möglichkeit geschaffen werden musste, Betriebsausgaben und Werbungskosten bereits im Steuerabzugsverfahren geltend zu machen.[2]

 

Rz. 120

Die Regelung ist durch G. v. 19.12.2008[3] für Vergütungen, die nach dem 31.12.2008 zugeflossen sind, eingeführt worden. Für Vergütungen, die vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind, hatte das BMF im Vorgriff auf die gesetzliche Regelung eine entsprechende Verwaltungsregelung getroffen.[4]

 

Rz. 121

In persönlicher Hinsicht gilt die Sonderregelung nach Abs. 3 S. 2 nur für natürliche Personen als Vergütungsgläubiger, die die Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staates (Island, Liechtenstein, Norwegen) haben und in einem dieser Staaten ansässig sind.[5] Dies bedeutet für natürliche Personen, dass sie die Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staates haben und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssen. Für Vergütungsgläubiger, die in der Schweiz ansässig sind, gilt diese Regelung trotz der Ausdehnung der Dienstleistungsfreiheit auf die Schweiz durch das Freizügigkeitsabkommen nicht. Nach Art. 16 Abs. 2 des Freizügigkeitsabkommens wird die Rspr. des EuGH bei der Anwendung der Grundfreiheiten nur berücksichtigt, soweit sie vor dem 21.6.1999 ergangen ist. Spätere Rspr. des EuGH ist nur heranzuziehen, soweit der Gemischte Ausschuss ihre Anwendung beschlossen hat. Das ist für die für den Steuerabzug ergangene Entscheidung des EuGH ("Scorpio")[6] nicht geschehen.[7]

Die Regelung gilt auch nicht für sonstige Drittstaatenangehörige. Da für diese Personen die Grundfreiheiten, mit Ausnahme der Kapitalverkehrsfreiheit, nicht gelten, liegt hierin auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG.[8].

Zu dem Veranlagungswahlrecht des § 50 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. S. 7 EStG hat der BFH entschieden, dass das Diskriminierungsverbot eines DBA keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit einem unbeschränkt Stpfl. oder mit einem Staatsangehörigen der EU oder des EWR gewährt, selbst dann nicht, wenn der Drittstaatsangehörige in einem EU- oder EWR-Staat ansässig ist. Gleiche Verhältnisse i. S. d. Diskriminierungsverbots eines DBA setzten auch gleiche rechtliche Verhältnisse voraus. Das sei nicht gegeben, wenn die nationale Regelung auf den Grundfreiheiten des AEUV beruhe, weil diese Grundfreiheiten, von der Kapitalverkehrsfreiheit abgesehen, auf Drittstaatsangehörige nicht anwendbar seien (vgl. § 50 EStG Rz. 169a).[9] Dies gilt entsprechend auch für den Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 50a Abs. 3 EStG. Dagegen lässt sich der Ausschluss von Drittstaatsangehörigen nicht als "Treaty Override" verstehen. Ein "Treaty Override" muss eindeutig geregelt sein. Das bedeutet, dass sich aus dem Gesetz eindeutig ergeben muss, dass die gesetzliche Vorschrift Vorrang von dem DBA haben soll. Eine lediglich zeitlich nachfolgende Regelung genügt diesen Voraussetzungen nicht.[10]

 

Rz. 122

Die Regelung ist durch § 50a Abs. 3 S. 3 EStG auf beschr. stpfl. Körperschaften i. S. d. § 32 Abs. 4 KStG als Vergütungsgläubiger ausgedehnt worden. Die Anwendung der Regelung auf Körperschaften setzt danach voraus, dass die Körperschaft nach dem Recht eines EU- oder EWR-Staates gegründet worden ist und Sitz und Geschäftsleitung in einem dieser Staaten hat.[11] SE und SCE gelten für diese Regelung als in dem Staat gegründet, in dem sich der Sitz der Gesellschaft befindet.

 

Rz. 123

In sachlicher Hinsicht ist die Regelung anwendbar auf Vergütungen nach Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4. Auffällig an dieser Regelung ist, dass die Vergütungen für Leistungen nach Abs. 1 Nr. 3 nicht einbezogen sind. Ein sachlicher Grund hierfür ist nicht zu erkennen. Anlass für diese Ausklammerung der Vergütungen für Leistungen dürfte sein, dass der EuGH bisher über Leistungen...

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