Rz. 88

Nach § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG unterliegen die Einkünfte beschr. stpfl. Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung inländischer Körperschaften und Personenvereinigungen beauftragt sind, dem Steuerabzug. Da es sich dabei i. d. R. um Aufsichtsratsmitglieder handelt, wird diese Abzugsteuer auch als "Aufsichtsratsteuer" bezeichnet.

 

Rz. 89

Die Vorschrift war ursprünglich in § 50a Abs. 13 EStG enthalten und ist durch G. v. 19.12.2008[1] neu gefasst und in Abs. 1 Nr. 4 umgegliedert worden. Dies gilt für Vergütungen, die nach dem 31.12.2008 zufließen. Die Neufassung hat zu einer genaueren Definition der abzugspflichtigen Vergütungen geführt. Außerdem wurde die bisher in Abs. 3 enthaltene und nur für die Aufsichtsratssteuer geltende Regelung über die Bemessungsgrundlage in allgemeiner Form in Abs. 2 übernommen und gilt dadurch für alle Abzugstatbestände des Abs. 1. Materielle Änderungen hat die Neufassung der Vorschrift weder für den Tatbestand noch für die Bemessungsgrundlage gebracht.

 

Rz. 90

Dem Steuerabzug unterliegen Leistungen an Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen i. w. S. beauftragt sind (Rz. 93). Diese Überwachungstätigkeit gehört zur selbstständigen Arbeit, auch soweit die Aufsichtsratsmitglieder Arbeitnehmervertreter sind. Für die Aufsichtsratstätigkeit besteht beschr. Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG; hierauf wird in § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich verwiesen. Beschr. Steuerpflicht besteht, wenn die Überwachungstätigkeit im Inland ausgeübt wird (§ 34d EStG Rz. 71). Handelt es sich bei der Körperschaft, deren Geschäftsführung überwacht wird, um eine inländische Körperschaft, besteht die Vermutung, dass die Überwachungstätigkeit im Inland ausgeübt wird. Diese Vermutung wird praktisch kaum zu widerlegen sein. Denkbar sind nur Fälle, in denen die Überwachungstätigkeit auf ein nur im Ausland tätiges Mitglied der Geschäftsleitung beschränkt ist.

 

Rz. 91

Nach den DBA steht das Besteuerungsrecht für die genannten Vergütungen dem Staat zu, in dem die Gesellschaft, deren Geschäftsführung überwacht wird, ansässig ist (Art. 16 OECD-MA). Eine Beschränkung auf einen Steuerabzug sowie eine Höchstgrenze hierfür besteht regelmäßig nicht. Im Staat der Ansässigkeit der Personen, die mit der Überwachung beauftragt sind, erfolgt entweder die Freistellung oder die Anrechnung der Steuer.

 

Rz. 92

Ist der Gläubiger der Vergütung unbeschränkt stpfl. oder ist er weder beschr. noch unbeschränkt im Inland stpfl., ist ein Steuerabzug nicht vorzunehmen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht auf § 1 Abs. 3 EStG beruht; nach § 1 Abs. 3 S. 6 EStG ist in diesen Fällen der Steuerabzug nach § 50a EStG vorzunehmen (§ 1 EStG Rz. 51).

 

Rz. 93

Die Abzugsverpflichtung erfasst alle Vergütungen, die für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden. Erläutert wird dies in der Vorschrift beispielhaft durch die Begriffe "Aufsichtsrat" und "Verwaltungsrat"; dass dies nur Beispiele sind, ergibt sich aus dem Satzteil "oder anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung … beauftragten Personen". Die früher im Gesetz enthaltene Erwähnung des "Grubenvorstandes" ist als überholt gestrichen worden.[2] Der Begriff des Aufsichtsrats bzw. Verwaltungsrats ist somit nicht technisch i. S. d. AktG zu verstehen. Erfasst werden die Mitglieder aller Gremien, deren Aufgabe die Überwachung der Geschäftsführung ist. Unter den Begriff der Überwachung fällt jede Tätigkeit, die das Mitglied eines Aufsichtsrats einer AG mit Rücksicht auf das Aufsichtsratsverhältnis noch ausüben könnte, ohne damit den Rahmen der möglichen Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu überschreiten.[3] Entscheidend ist, dass der Vergütungsempfänger eine Überwachungsfunktion i. d. S. ausübt. Es kommt auf die Art der Tätigkeit des Gremiums, nicht auf die Bezeichnung (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat, Ausschuss) an. Es handelt sich um den gleichen Begriff wie bei § 10 Nr. 4 KStG.[4] Die Tätigkeit braucht nicht ausschließlich auf die Überwachung der Geschäftsführung gerichtet zu sein. Es genügt, wenn es sich um den wesentlichen Inhalt der Aufgabe handelt.[5] Andererseits fällt eine Überwachungstätigkeit, die nicht die Geschäftsführung der Körperschaft betrifft, nicht unter die Steuerabzugspflicht. Dies betrifft etwa die Überwachung bestimmter technischer Anlagen oder Abläufe.

 

Rz. 94

Bei einem gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsrat ist davon auszugehen, dass die Funktion im Wesentlichen in der Überwachung der Geschäftsführung besteht. Entsprechendes gilt für ein satzungsmäßiges Gremium, das dem Aufsichtsrat einer AG nachgebildet ist. Bei frei berufenen Gremien (Verwaltungsrat, Beirat) kommt es darauf an, ob ihm eine Tätigkeit obliegt, die im Allgemeinen dem Aufsichtsrat übertragen zu werden pflegt.[6]

 

Rz. 95

Abzugrenzen ist die Überwachungstätigkeit von einer Beratungstätigkeit, für die keine Abzugsverpflichtung besteht (§ 49 EStG Rz. 231f.).[7] Eine bloße Beratung gewä...

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