Rz. 48

Weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 4k Abs. 1 S. 1 EStG ist das Vorliegen einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Qualifikation oder Zurechnung des Kapitalvermögens. Es handelt sich dabei um zwei voneinander unabhängige Tatbestandsalternativen.

 

Rz. 49

Liegt weder ein Qualifikations- noch ein Zurechnungskonflikt vor, ist die Anwendung des § 4k Abs. 1 S. 1 EStG in jedem Fall ausgeschlossen. Dies gilt selbst dann, wenn die im Inland als Betriebsausgabe abgezogenen Aufwendungen im Ausland auf Ebene des Gläubigers der korrespondierenden Erträge aus einem anderen Grund zu einer Nicht- oder Niedrigerbesteuerung führen.

 

Rz. 50

Entsprechend der Gesetzesbegründung liegt eine abweichende Qualifikation des Kapitalvermögens (Qualifikationskonflikt) insbesondere dann vor, wenn eine beim inländischen Stpfl. als Betriebsausgabe abziehbare Zinszahlung vom Staat des Zahlungsempfängers nicht als Vergütung für die Überlassung von Fremdkapital, sondern als Gewinnausschüttung behandelt wird.[1]

Dieser divergierenden Behandlung liegt wiederum eine abweichende steuerliche Einordnung des überlassenen Kapitals, einerseits als Fremdkapital durch den Staat des Schuldners (Zahlungsleistenden) und als andererseits als Eigenkapital durch den Staat des Gläubigers (Zahlungsempfängers) zugrunde. Hierzu kann es insbesondere in Zusammenhang mit der Überlassung von sog. hybriden Finanzinstrumenten (bspw. typisch stille Beteiligungen, obligationsähnliche Genussrechte, Optionsanleihen, Wandelanleihen, partiarische Darlehen, Darlehen mit Rangrücktritt, Hybridanleihen oder Herabschreibungsanleihen)[2] kommen, da diese aufgrund ihrer flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten besonders anfällig für (Steuerobjekt-)Qualifikationskonflikte sind.[3] Die Zuordnung von hybriden Finanzinstrumenten zu Eigen- oder Fremdkapital kann bereits im nationalen Recht manchmal problematisch sein. In dem Fall, dass sich das hybride Finanzinstrument grenzüberschreitend eingesetzt und die Aufteilung des Besteuerungssubstrats unter den beteiligten Staaten beeinflusst, entstehen ungleich größere Schwierigkeiten, denn die einzelnen Staaten nehmen die Zuordnung von Finanzinstrumenten zu Eigen- oder Fremdkapital nicht nach einheitlichen Kriterien vor, sodass dasselbe Finanzinstrument im Ausland als Eigenkapital und in Deutschland als Fremdkapital qualifiziert werden kann, wodurch der für die Anwendung des § 4k Abs. 1 S. 1 EStG erforderliche Qualifikationskonflikt gegeben wäre. In der EU herrscht kein einheitliches Verständnis darüber, wie sich steuerliches Eigen- von Fremdkapital abgrenzt.[4]

In dem umgekehrten Fall, dass dasselbe Finanzinstrument im Ausland als Fremdkapital und in Deutschland als Eigenkapital qualifiziert wird, findet § 4k Abs. 1 S. 1 EStG keine Anwendung. In diesem Fall sind indes die Regelungen des § 8b Abs. 1 S. 2 f. KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d S. 2 EStG zu berücksichtigen, die zu einer Versagung des Schachtelprivilegs nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG bzw. der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens führen können.

 

Rz. 51

Zu einer abweichenden Zurechnung des Kapitalvermögens (Zurechnungskonflikt), die insbesondere im Fall sog. hybrider Übertragungen entsteht, kommt es, wenn bei einer Transaktion, der zugrunde liegende Ertrag eines übertragenen Kapitalvermögens wirtschaftlich mehr als einer an der Übertragung beteiligten Person zugerechnet wird.[5]

Die in der Gesetzesbegründung verwendete Definition ist an die Definition der hybriden Übertragung in Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 3 Buchst. l ATAD angelehnt, bei der es sich demzufolge um eine Gestaltung zur Übertragung eines Finanzinstruments handelt, wenn der zugrunde liegende Ertrag des übertragenen Instruments für Steuerzwecke so behandelt wird, als sei er zugleich mehr als einer der an der Gestaltung beteiligten Parteien zugeflossen.

Die zu einem solchen Zurechnungskonflikt führende divergierende steuerliche Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an dem übertragenen Kapitalvermögen zwischen den an der Übertragung beteiligten Personen, ergibt sich dadurch, dass die beteiligten Staaten ihre Beurteilung an unterschiedliche rechtliche Kriterien knüpfen.[6] Zu den betroffenen Gestaltungen zählen nach der Gesetzesbegründung insbesondere Repo-Geschäfte (Kauf- und Rückkaufsvereinbarung – engl.: repurchase operations) und Wertpapierleihgeschäfte,[7] da hierbei die Rechte und Pflichten der Beteiligten in der Regel so strukturiert sind, dass der Übertragende bzw. der Verleiher weiterhin das volle Risiko und den vollen Anspruch auf die Erträge aus dem im Rahmen der Vereinbarung übertragenen Finanzinstrument hat.[8]

In Deutschland würden bei einem Repo-Geschäft die übertragenen Anteile entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 11.11.2016 (BStBl I S. 1324) ununterbrochen dem inländischen Veräußerer zugerechnet und der Teil des Rückkaufpreises als abziehbarer Finanzierungsaufwand (Zinsen) behandelt.[9] Sofern der Staat des Käufers jedoch (ungeachtet der deutschen Grundsätze) nach den im anderen Staat herrsche...

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