Rz. 24

Vom Steuerabzug sind nur Bauleistungen betroffen. Dies sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 S. 2 EStG). Der Gesetzgeber hat damit die Definition aus § 101 Abs. 2 SGB III übernommen, der durch §§ 1 und 2 Baubetriebe-Verordnung konkretisiert wurde.[1] Das bedeutet jedoch nicht, dass nur Leistungen von Baubetrieben erfasst würden, die der Winterbauförderung unterliegen. Vom Steuerabzugsverfahren werden vielmehr auch diejenigen Bauleistungen erfasst, die von Betrieben erbracht werden, die gem. § 2 Baubetriebe-Verordnung von der Winterbauförderung ausgeschlossen sind.[2]

 

Rz. 25

Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen.[3] Es ist nicht erforderlich, dass der Leistungsempfänger auch Eigentümer des Bauwerks ist. Die Bauleistung muss nur an einem Bauwerk erbracht werden. Ein Bauwerk ist eine Anlage, die irgendwie mit dem Erdboden verbunden ist oder infolge ihrer Schwere auf ihm ruht.[4] Hierzu gehören neben Gebäuden auch alle mit Baustoffen oder baulichem Gerät hergestellte Anlagen, wie z. B.

  • Betriebsvorrichtungen,
  • Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen,
  • sonstige Mietereinbauten und
  • sonstige unselbstständige Gebäudeteile, wie Fenster, Türen, Bodenbeläge, Heizungsanlagen, Fahrstuhlanlagen oder Umzäunungen bei Wohngebäuden,
  • Außenanlagen, wie Gartenanlagen, Straßenzufahrten und Platzbefestigungen.
 

Rz. 25a

Ab dem 1.1.2016 stellt auch die Installation einer Fotovoltaikanlage an oder auf einem Gebäude eine Bauleistung i. S. d. § 48 EStG dar. Die Aufstellung einer Freilandfotovoltaikanlage kann ebenfalls den Bauleistungsbegriff des § 48 EStG erfüllen.[5] Zur Beurteilung der Frage, inwieweit eine Bauleistung i. S. d. § 48 Abs. 1 EStG vorliegt, spielt es keine Rolle, ob das fest in das Gebäude eingebaute Wirtschaftsgut als Betriebsvorrichtung oder Gebäudebestandteil anzusehen ist.[6]

Zivilrechtlich wird die Lieferung und Montage einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach eines bestehenden Wohngebäudes nach Kaufrecht beurteilt.[7]

 

Rz. 25b

Der BFH muss klären, ob Scheinbestandteile i. S. d. § 95 BGB bzw. Betriebsvorrichtungen i. S. d. Bewertungsgesetzes, die sich innerhalb eines bestehenden Bauwerks i. S. d. § 48 EStG befinden – im Streitfall innerhalb einer Werkhalle –, auch isoliert betrachtet Bauwerk i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 3 EStG sein kann ("Bauwerk im Bauwerk"). Zu entscheiden ist auch, ob Fertigungsstraßen, Roboter, Schaltschränke oder Bedienpulte in den Fertigungsstraßen Bauwerke darstellen.[8]

 

Rz. 26

Voraussetzung für den Steuerabzug ist immer, dass die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden. Die Bauleistung muss sich unmittelbar auf die Substanz, in Form einer Substanzveränderung, Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung, des Bauwerks auswirken. Im Bereich der Substanzverbesserung spielt die Wesentlichkeit, die zur ertragsteuerlichen Abgrenzung des Erhaltungsaufwands zum Herstellungsaufwand Kriterium ist, keine Rolle. Demzufolge rechnen auch Erhaltungsaufwendungen zu den die Substanz verbessernden Maßnahmen, wie z. B. der Einbau von

  • Fenstern und Türen,
  • Bodenbelägen,
  • Aufzügen,
  • Rolltreppen,
  • Heizungsanlagen,
  • Ladeneinbauten,
  • Schaufensteranlagen,
  • Gaststätteneinrichtungen,
  • Installation einer Lichtwerbeanlage,
  • Dachbegrünung oder
  • Hausanschlüsse durch die Energieversorgungsunternehmen.[9]
 

Rz. 27

Leistungen, die zwar in der Baubetriebe-Verordnung genannt sind, sich aber nicht auf die Substanz des Bauwerks auswirken, führen nicht zur Anwendung der §§ 48 bis 48d EStG. Danach sind keine Bauleistungen:

  • eigenständig erbrachte planerische Leistungen[10],
  • künstlerische Leistungen, die sich nicht unmittelbar auf die Substanz auswirken,
  • Reinigungsarbeiten von Räumlichkeiten oder Flächen (z. B. Fenster),
  • Wartungsarbeiten,
  • Materiallieferungen (z. B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte),
  • Anliefern von Beton,
  • Gestellung von Betonpumpen,
  • Aufstellen von Material- und Bürocontainern, mobilen Toilettenhäuschen,
  • Entsorgung von Baumaterialien,
  • Aufstellen von Messeständen,
  • Gerüstbau,
  • Schiffbau,
  • Anlegen von Bepflanzungen und deren Pflege (außer bei Dachbegrünung) oder
  • Arbeitnehmerüberlassungen (auch dann, wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen).

    [11]

 

Rz. 28

Das gilt allerdings nicht, wenn diese Leistungen lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer Bauleistung stehen. Eine Nebenleistung teilt generell das Schicksal der den Vertrag prägenden Hauptleistung.[12]

 

Rz. 29

Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Eine Abzugsverpflichtung besteht dann, und zwar insgesamt, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenleistung teilt jeweils das Schicksal der Hauptleistung.[13]

 
Praxis-Beisp...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge