7.1 Allgemeines

 

Rz. 74

Durch G. v. 16.7.2009[1] wird dem Wunsch des Bundesrats[2] und der Kreditwirtschaft entsprochen, das Erstattungsverfahren bezüglich abgeführter KapESt bei Kapitalerträgen gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 EStG zu vereinfachen. Für ab dem 1.1.2010 zufließende Kapitalerträge wird das Sammelantragsverfahren gem. § 45b EStG für inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b EStG durch ein vereinfachtes Erstattungsverfahren ohne Einbeziehung des BZSt abgeschafft. Die Erstattung wird durch das jeweilige Betriebsstätten-FA gewährt.

 

Rz. 75

Ziel der Regelung in § 44b Abs. 6 EStG und der Begrenzung des Anwendungsbereichs des Sammelantragsverfahrens gem. § 45b EStG auf Fälle außerhalb der Kreditwirtschaft ist die Reduzierung von Bürokratiekosten infolge der Einführung der Abgeltungsteuer, die zu einer Ausweitung der KapESt-Einbehaltungspflichten vor allem in der Kreditwirtschaft führt. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist nur die Kreditwirtschaft mit den komplizierten KapESt-Vorschriften ausreichend vertraut. Kreditinstitute verfügten infolge der Einreichung von Freistellungsaufträgen, NV-Bescheinigungen sowie Freistellungsbescheinigungen über genauere Kenntnisse, die bei der Entlastung von der KapESt eine Rolle spielen, als Publikumsaktiengesellschaften und andere Emittenten.[3]

 

Rz. 76

Aufgrund der sachlichen Nähe zum Einbehaltungs- und Abführungsverfahren sind in allen Erstattungsfällen nach § 44b Abs. 6 S. 2 und 4 Halbs. 2 EStG die für die Einbehaltung und Abführung von KapESt geltenden Haftungsvorschriften anzuwenden. Für zu Unrecht erstattete KapESt haften daher inländische Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in sinngemäßer Anwendung des § 44 Abs. 5 EStG.

[1] BGBl I 2009, 1959.
[2] BR-Drs. 168/09, 25.
[3] BT-Drs. 16/13429, 47.

7.2 Voraussetzungen für die Erstattung

 

Rz. 77

Das inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b EStG muss die Stammrechte (gesellschaftliche Beteiligung, Genussrechte, Wandelanleihen, Gewinnobligationen) des Anteilseigners verwahren oder verwalten.

 

Rz. 78

Weiterhin muss dem inländischen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut alternativ eine der folgenden Bescheinigungen vorliegen:

 

Rz. 79

Inländische Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute haben eine Erstattung auch unter Anrechnung auf das Freistellungsvolumen im Fall der Erteilung eines Freistellungsauftrags vorzunehmen (§ 44b Abs. 6 S. 4 EStG). Auf diese Weise erstattete Erträge sind nach § 45d Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG dem BZSt zu melden. Ein Sammelantrag inländischer Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute auf der Basis eines erteilten Freistellungsauftrags ist für Kapitalerträge gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2 EStG, die nach dem 31.12.2008 dem Anteilseigner zufließen, nicht mehr möglich.

 

Rz. 80

Eine Erstattung ist schließlich auch dann möglich, wenn die Kapitalerträge gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2 EStG mit negativen Erträgen im Rahmen der nach § 43a Abs. 3 EStG zulässigen Verlustverrechnung ausgeglichen werden (zum Verlustausgleich § 43a EStG Rz. 95ff.).

7.3 Abzug von der abzuführenden KapESt

 

Rz. 81

Das Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut zieht die abgeführte KapESt auf Kapitalerträge gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2 EStG nach Vornahme der Erstattung bei der von ihm abzuführenden KapESt ab. Auf diese Weise refinanziert sich das Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, das dem Gläubiger der Erträge trotz Einbehalts der KapESt den Kapitalertrag in der Praxis brutto, d. h. ohne eine Kürzung um die einbehaltene KapESt ausbezahlt. Das Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut finanziert die zu erstattende KapESt dem Gläubiger daher in der Praxis vor.

 

Rz. 82

Der Abzug der Erstattungsbeträge von der anzumeldenden KapESt darf nicht bereits zum Zeitpunkt der Abführung der KapESt erfolgen. Denn dies würde im Ergebnis zu einer Abstandnahme vom KapESt-Abzug und zur Umgehung von § 44a EStG führen. Nach dem Ges...

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