Rz. 127

In den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7c EStG (§ 43 EStG Rz. 93; § 43a EStG Rz. 11.) besteht zivilrechtliche Personenidentität von Gläubiger (juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. steuerbefreite Körperschaft) und Schuldner (Betrieb gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit bzw. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) der Kapitalerträge. Da in diesen Fällen für den Steuerabzug nicht an eine Auszahlung der Kapitalerträge angeknüpft wird und somit nicht auf den Zufluss der Kapitalerträge abgestellt werden kann, bestimmt § 44 Abs. 6 S. 2 EStG für den nicht den Rücklagen zugeführten Gewinn (wie auch für im Lauf des Wirtschaftsjahrs vorgenommene vGA) den Zeitpunkt der Bilanzerstellung, d. h. den Zeitpunkt der Bilanzfeststellung, als den Zeitpunkt des Entstehens der KapESt. Spätestens entsteht die KapESt 8 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs. Dies gilt auch für die vGA im abgelaufenen Wirtschaftsjahr.[1] Aufgrund der Ausschüttungsfiktion des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG erfüllt nur der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn des Betriebs gewerblicher Art den Besteuerungstatbestand.[2] Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Überführung des Gewinns in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft kommt es nicht an.

 

Rz. 127a

Durch G. v. 13.12.2006[3] wurde in § 44 Abs. 6 S. 1 EStG klargestellt, dass neben dem Betrieb gewerblicher Art auch der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Schuldner der Kapitalerträge ist. Diese Klarstellung trägt – wie in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes v. 23.10.2000[4] bereits vorgesehen – § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b S. 4 EStG Rechnung, der für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe der steuerbefreiten Körperschaften eine entsprechende Anwendung der für Betriebe gewerblicher Art geltenden Regelungen in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG vorsieht. Nach Ansicht der Finanzverwaltung galt § 44 Abs. 6 EStG zuvor bereits für den Steuerabzug von Gewinnen wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe steuerbefreiter Körperschaften.[5]

 

Rz. 128

Werden Gewinnrücklagen für Zwecke außerhalb des Betriebs aufgelöst, entsteht die KapESt am Tag nach der Beschlussfassung über die Verwendung. Werden Anteile aus der Einbringung von Betrieben innerhalb der Sieben-Jahres-Frist veräußert, so gilt der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile als in einem Betrieb gewerblicher Art angefallen. Die KapESt entsteht in diesem Fall am Tag nach der Veräußerung (§ 22 Abs. 4 UmwStG).

 

Rz. 129

Für den Steuerabzug vom Gewinn (3/4 des Einkommens i. S. d. § 8 Abs. 1 S. 2 KStG; § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b S. 3 EStG), den Betriebe gewerblicher Art der inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus der Veranstaltung von Werbesendungen erzielen, entsteht die KapESt zum Ende des Wirtschaftsjahrs, und zwar nach § 52 Abs. 53 S. 3 EStG erstmals für den Vz 2001.

 

Rz. 130

Für die Einbehaltung und die Entrichtung der KapESt in den Fällen des § 44 Abs. 6 EStG gelten nach § 44 Abs. 6 S. 4 die § 44 Abs. 1 bis 4 EStG entsprechend.[6]

 

Rz. 130a

Weil in den in § 44 Abs. 6 behandelten Fällen zivilrechtliche Personenidentität von Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge besteht, wird § 44 Abs. 5 S. 1 EStG in Bezug auf die Haftung des Steuerabzugsverpflichteten (Rz. 92ff.) nicht für entsprechend anwendbar erklärt, dafür aber haftet nach § 44 Abs. 6 S. 5 EStG der Schuldner der Kapitalerträge (der Betrieb gewerblicher Art bzw. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb) für die KapESt, soweit sie auf vGA und auf die Veräußerung von Anteilen i. S. d. § 22 Abs. 4 UmwStG entfällt, denn nach § 22 Abs. 4 UmwStG gilt der Veräußerungsgewinn als im Betrieb gewerblicher Art bzw. im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden. Die Trägerkörperschaft kann unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 S. 2 EStG als Gläubiger der Kapitalerträge in Anspruch genommen werden, da § 44 Abs. 6 S. 4 EStG ausdrücklich nur die Haftungsregelung, nicht aber die Inanspruchnahme des Schuldners der KapESt ausschließt. Dies wurde klargestellt durch das G. v. 13.12.2006[7] und ist erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, für die das Halbeinkünfteverfahren gilt (§ 52 Abs. 53 S. 5 EStG).

 

Rz. 131

Vom Steuerabzug ist allerdings Abstand zu nehmen, wenn es sich beim Gläubiger der Kapitalerträge um eine inländische steuerbefreite Körperschaft i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§ 44a Abs. 7 EStG).

[3] BGBl I 2006, 2878.
[4] BGBl I 2000, 1433.
[5] BMF v. 7.1.2003, IV A 2 – S 1910 – 297/02, DB 2003, 207; nicht mehr anzuwenden für Steuertatbestände, die nach dem 31.12.2004 verwirklicht wurden.
[7] BGBl I 2006, 2878.

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